Birnbaum in der Oberpfalz
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Zu Besuch beim Birnenkenner

In Grünschlag, bei Beratzhausen gibt es sie, die Schätze in weiß, grün, gelb oder rot – die Birnen. Zu Hause bei Josef Wittmann in Grünschlag wachsen sie in verschiedenen Größen und Farben und kommen aus aller Herren Länder.

Text: Julia Biegerl und Eva Spießl-Mayr

Josef Wittmann mit Birnen
© Josef Wittmann

Josef Wittmann ist leidenschaftlicher Kenner und Sammler dieser „Diamanten“, wie er sie nennt. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Birnen und kennt viele der Sorten an der Form, einzelnen Merkmalen und am Geschmack.

Die „Früchte der Götter“, wie sie auch genannt werden, sind süßer, saftiger und haben viele Geschmacksnuancen, sind aber auch steinzell- und gerbstoffreicher als andere Früchte. Darum ist Herr Wittmann auch mittlerweile als Birnenkenner weit hin bekannt.
In der rauen Gegend im Oberpfälzer Jura kommen noch häufig alte Birnbäume vor, mehr als Äpfel. Neben den bekannten Sorten gibt es dort aber noch viele unbekannte alte regionale Sorten. Eine wahre Rarität sind rotfleischige Birnen, die es hier gibt und in den raueren Gegenden vorkommen.

Im Gegensatz zu Apfel oder Kirsche ist die Birne ein Tiefwurzler. Sie kann Trockenheit und Hitze trotzen und ist auch in der Pflege eher anspruchslos. Wirtschaftsbirnen kommen daher auf kargeren Böden wie im Oberpfälzer Jura gut zu Recht und sind unter anderem auch als Klimabaum sehr interessant, erzählt Wittmann.

Widerstandsfähig und anspruchslos

Früher hatte jede Hofstelle ein paar solcher Bäume stehen, die gerade im Frühjahr, wenn die Lebensmittel knapp wurden, oder in Krisenzeiten mit ihren Früchten einen wesentlichen Teil der Nahrungsversorgung sicherten. Kochbirnen sind in der Verwendung vielseitiger als Äpfel und einfacher zu lagern.

Sie wurden in Rüben-, Rahner- oder Kartoffelkeller gelagert und so über den ganzen Winter mitverwendet. Es gibt verschiedene Verwendungsformen von Birnen, erklärt Josef Wittmann. Es gibt Mostbirnen, Tafelbirnen und Wirtschaftsbirnen wie z. B. die Koch- und Dörrbirnen. In der Oberpfalz standen früher die Kochbirnen auf jedem Küchenzettel. Doch roh schmecken die Wirtschaftsbirnen nicht, weswegen sie immer mehr aus der Landschaft verschwinden und das Wissen um die Verwertung in Vergessenheit gerät. Erst nach der Verarbeitung entwickeln die Wirtschaftsbirnen ihren süßen Geschmack. Birnen, die sich zum Dörren eignen werden innen mehlig und braun. Bekannt sind diese Früchte auch als „Kletzen“ oder „Hutzeln“. Nur durch das Trocknen bekommen die Birnen ihr süßes feigenartiges Aroma. Gemahlene Dörrbirnen und Sirupbirnen eignen sich auch ideal als Zuckerersatz.

Birne als "Brotzeitbaum"

Birnenernte
© Regierung der Oberpfalz

Heute findet man diese Birnenschönheiten vereinzelt noch an alten Hofstellen, an Dorfrändern oder in der Feldflur. Die Bäume schützten damals die Dörfer vor Erdeinwaschungen oder das Trinkwasser vor Verschmutzungen. Aufgrund ihres harten Holzes sind sie sehr widerstandsfähig und langlebig, weshalb Birnbäume oft als Grenzbäume oder an markanten Stellen gepflanzt wurden. Oft sieht man heute noch mächtige alte Birnen entlang von Wegen, an Kreuzungen oder am Acker. Bei genauerem Hinschauen sind noch Relikte aus vergangener Zeit zu entdecken. Nämlich Eisenringe, die in den Stamm der Bäume eingeschlagen sind. Früher waren die Wege oft weit vom heimatlichen Hof zu den Feldern und Maschinen gab es damals noch nicht. Deshalb bestellte die bäuerliche Bevölkerung mit Ochsen oder Pferden ihre Äcker. Zur Mittagszeit wurden die Tiere dann an den Baum bzw. an den Eisenring gebunden, während der Bauer Brotzeit auf dem Feld machte. So könnte man auch „Brotzeitbaum“ zum Birnbaum sagen, lacht Wittmann.

Zugeschrieben ist den Birnbäumen auch der Totenkult. Zum Andenken an Verstorbene wurden Bäume gepflanzt oder sie dienten aufgrund ihrer starken und großen Ästen als Schauplatz für Hinrichtungen und sind als Mahnung zu verstehen.

Heute sind diese alten zerklüfteten Bäume ökologisch wertvolle Refugien für viele Tierarten und bereichern das Landschaftsbild. Birnbäume sind daher etwas Besonderes, die man erhalten muss, um eine historisch geprägte Kulturlandschaft zu wahren. Erst recht, wenn es davon nur noch wenige gibt.

Julia Bieger, Josef Wittmann und Eva Spießl-Mayer (v.li.)
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