„Zuhören, was Bäuerinnen und Bauern bewegt“

20.05.2021-033

Herausfordernde Zeiten für die Landwirtschaft als Nahrungsmittelversorger Nummer eins: Regierungspräsident im Gespräch mit Oberpfälzer Bauernverband/Dank für stets störungsfreie Versorgung während der Pandemie

Regensburg. Ein offenes Ohr für Themen, die die Landwirtschaft bewegen: Während der Corona-Pandemie zeigt sich, wie wichtig eine starke Landwirtschaft für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im gesamten Freistaat und insbesondere auch der Oberpfalz ist. Eine systemrelevante Branche, die mit vielen Herausforderungen zu kämpfen hat.

Es war Regierungspräsident Axel Bartelt daher ein Anliegen, sich mit Vertretern des Bayerischen Bauernverbands in der Oberpfalz (BBV) auszutauschen und sich die Probleme in der aktuellen Situation schildern zu lassen.

Am digitalen Gedankenaustausch teil nahmen für den Oberpfälzer BBV dessen Präsident Josef Wutz, Bezirksbäuerin Rita Blümel, der stellvertretende Präsident Ely Eibisch, die stellvertretende Bezirksbäuerin Irmgard Zintl, Direktor Peter Huber sowie Bezirksgeschäftsführer Hubert Hofmann. Die Regierung der Oberpfalz war vertreten durch Regierungsvizepräsident Florian Luderschmid, Johannes Hebauer, Bereichsleiter Landwirtschaft und Ernährung, Christiane Zürn, Bereichsleiterin Wirtschaft, Landesentwicklung, Verkehr, Klaus Mayrhofer, Sachgebietsleiter Wasserwirtschaft und stellvertretender Bereichsleiter Umwelt, Gesundheit, Verbraucherschutz sowie Eva Fischer, Sachgebietsleiterin Naturschutz, und Dr. Josef Kremb, Sachgebiet Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft.

Regierungspräsident Bartelt nutzte zunächst die Chance, sich bei den Landwirten nachdrücklich zu bedanken: „Ein herzliches ‚Vergelt’s Gott‘, dass unsere Bäuerinnen und Bauern seit weit über einem Jahr Corona-Pandemie und trotz aller damit verbundenen Herausforderungen eine reibungslose Versorgung der Menschen in unserer Region mit Nahrungsmitteln gewährleisten – ohne, dass jemals ein Engpass oder eine Schwierigkeit bemerkbar gewesen wäre. Hier sieht man die lebensnotwendige Arbeit und die immense Leistung der Landwirtschaft als erstes Glied der Nahrungsmittelkette.“

Ein Thema, das die Landwirtschaft derzeit besonders bewegt, ist der geplante Bau von Stromtrassen durch die Oberpfalz. Derzeit laufen u.a. mit dem oberirdisch verlaufenden Ostbayernring und dem erdverkabelten Südost-Link fortgeschrittene Planungsprozesse bzw. -verfahren für zwei Leitungen. Vorhaben, die land- und forstwirtschaftliche Flächen in erheblichem Maße in Anspruch nehmen. Für Bedenken sorgt in der Landwirtschaft hier insbesondere die Erdverkabelung. „Boden ist für uns Landwirte die wichtigste Wirtschaftsgrundlage“, betonte der Oberpfälzer BBV-Präsident Wutz. Wie sich die Erdverkabelung in Zukunft u.a. auf die Fruchtbarkeit des Bodens bzw. das Pflanzenwachstum auswirken wird, sei derzeit noch unklar. Unterstützung beim Thema Bodenschutz erhalten die Landwirte durch den Bereich Landwirtschaft an der Regierung der Oberpfalz, der sich beim jeweiligen Vorhabensträger für den Bodenschutz, insbesondere auch seine vorsorgliche Umsetzung, einsetzt. „Die Ertüchtigung und der weitgehende Erhalt des Bodens für eine spätere Nutzung ist für die Landwirtschaft von großer Bedeutung“, bekräftigte Regierungspräsident Bartelt.

Für den Bau der Leitungen sind Ausgleichsflächen erforderlich. Hier bieten sogenannte produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) die Möglichkeit, Flächen auch weiterhin land- und forstwirtschaftlich nutzen zu können. Besonders geeignet sind PIK für vorübergehend beeinträchtigte Flächen. Hier kommen etwa spezielle Bewirtschaftungsmaßnahmen als Artenschutzmaßnahmen, z. B. für die Feldlerche, zum Einsatz. Landbewirtschafter erhalten hierfür einen finanziellen Ausgleich.

Darüber hinaus können notwendige Kompensationsmaßnahmen statt über zusätzlichen Flächenverbrauch auch über den Erwerb von Ökopunkten erfüllt werden. Darauf wies der stellvertretende BBV Präsident Ely Eibisch hin. Es gibt bereits ein großes Angebot von Ökopunkten – eine Art freiwilliges „Sparkonto" für zukünftig erforderliche Kompensationsflächen und -maßnahmen, das zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft zur Verfügung steht. Das Konzept funktioniere, so der BBV, habe jedoch einen Nachteil: das Angebot für Ökopunkte müsse insbesondere bei Kommunen bekannter gemacht werden. Ein Appell, für den sich die zuständigen Gesprächsteilnehmer der Regierung der Oberpfalz in Zukunft gern einsetzen wollen.

Weitere Themen des virtuellen Treffens waren der auch für die Landwirtschaft notwendige Mobilfunk- und Breitbandausbau, die gemeinsame Anstrengung um den Trinkwasserschutz sowie der Schutz der Land- und Teichwirtschaft – u.a. vor Wolf und Fischotter. Letzterer sorgt gerade in der Nordoberpfalz für erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden. „Die Lage ist zunehmend existenzbedrohend“, betont Wutz. Zur Eindämmung wurde seitens der Bayerischen Staatsregierung mit Landtagsbeschluss vom April 2018 die Grundlage für ein Pilotprojekt zur Entnahme einzelner Fischotter zum Schutz der Oberpfälzer Teichwirtschaft geschaffen. Gegen die hierfür notwendigen artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen, die die Entnahme von zwei männlichen Fischottern pro Teichanlage vorsehen, sind seit Mai 2020 zwei Klagen von Bund Naturschutz und Aktion Fischotter e.V, beim Verwaltungsgericht Regensburg anhängig. Dieses sieht sich wegen der Pandemie aber bisher nicht in der Lage, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, was nicht nur bei den Teichwirten zunehmend zu Unverständnis führt. Der zuletzt im Kursaal Bad Abbach für den 23. Juni anberaumte Termin wurde vom Verwaltungsgericht Regensburg ohne Benennung eines Ersatztermins abgesagt.

Einen erfreulichen Ausblick bot der letzte Tagesordnungspunkt auf der umfassenden Besprechungsliste. Auch in diesem Jahr wird Regierungspräsident Bartelt wieder landwirtschaftliche Betriebe besuchen, um sich einen praxisnahen Einblick in die Oberpfälzer Landwirtschaft zu verschaffen. In diesem Jahr stehen Unternehmen im Landkreis Amberg-Sulzbach auf dem Programm. Fokus soll, bezugnehmend auf den digitalen Austausch, u.a. das Thema smart farming und die Notwendigkeit eines gut ausgebauten Mobilfunk- und Breitbandnetzes bilden.

Abschließend informierte Bezirksbäuerin Rita Blümel über den aktuellen Stand der Planungen zu den Projektwochen „Schule fürs Leben“. Über 100 Bäuerinnen und Bauern aus der Oberpfalz haben sich bereit erklärt, in den Schulen und auf ihren Bauernhöfen über die regionale Nahrungsmittelerzeugung und -verarbeitung zu berichten.

Regierungspräsident Bartelt dankte den Teilnehmern für das offene und konstruktive, stets lösungsorientierte Gespräch: „Wir werden uns auch weiterhin im Rahmen der Möglichkeiten der Regierung der Oberpfalz intensiv für die Belange der Landwirtschaft einsetzen.“