Die Oberpfalz - historische Entwicklungslinien
Wilhelm Weidinger: Die Oberpfalz - Suche nach historischen Entwicklungslinien (aus 200 Jahre Regierung der Oberpfalz, Verlag Friedrich Pustet)
Frägt man nach der Oberpfalz, liegt zunächst der Griff zum Lexikon nahe: In Meyers „Großem Konversations-Lexikon“ von 1906 ist sie ein Regierungsbezirk des Königreichs Bayern mit einer Fläche von 9 652 qkm, 573 476 Einwohnern, 3 „unmittelbaren“ Städten (damals neben Regensburg und Amberg Neumarkt, statt Weiden) und 19 Bezirksämtern. Heute ist sie ein Regierungsbezirk und ein Bezirk im Freistaat Bayern mit 9691 km2, 1083780 Einwohnern, 3 kreisfreien Städten und 7 Landkreisen. Die Einwohnerzahl hat sich in rund 100 Jahren fast verdoppelt, die Zahl der Verwaltungseinheiten gut halbiert. Aus der Statistik ließen sich noch viele Erkenntnisse erschließen, zum Kern käme man damit aber nicht.
Der nächste Schritt führt zur Etymologie: Warum heißt die Oberpfalz Oberpfalz? Im Wort Pfalz „steckt“ der Palatin im alten Rom, der Hügel mit den kaiserlichen Palästen. Aus dem lateinischen palatium, dem Palast, wurde Pfalz als Königs- oder Herzogssitz im Mittelalter. Von den königlichen Pfalzen aus wahrten die Pfalzgrafen die königlichen Interessen in ihrem Gau. Nur den Pfalzgrafen bei Rhein gelang es aber, dieses Amt mit einem selbständigen Territorium zu verbinden, eben der Pfalz mit der Hauptstadt Heidelberg (116 m über NN). Der vergleichsweise höher gelegene Teil des alten Nordgaus (mindestens 330 m), der mit dem Hausvertrag von Pavia 1329 den Pfälzer Wittelsbachern zugewiesen worden war, erhielt vom 15. Jahrhundert an den Namen Obere Pfalz und dann Oberpfalz.
Diese Herleitung des Namens führt schon in die ganz besondere Geschichte der Oberpfalz innerhalb Bayerns und auch Altbayerns ein und damit zu der Frage: Was macht die Oberpfalz aus, was zeichnet sie aus? Oder moderner: Was sind ihre Alleinstellungsmerkmale? Es lohnt den Versuch, aus den natürlichen Gegebenheiten und der Geschichte Entwicklungslinien aufzuzeigen, die heute noch das Bewusstsein in der Oberpfalz prägen oder die es wert wären, wieder stärker in das kulturelle Gedächtnis der Oberpfälzer aufgenommen zu werden. Vor allem das Geschichtsbewusstsein begründet die Identität einer Region, die hier nicht im Sinne des Bayerischen Landesplanungsgesetzes, sondern als ein durch eigenständige Kultur und Geschichte geprägter Raum verstanden werden soll.1
Die Oberpfalz ist — um gleich mit einem Alleinstellungsmerkmal zu beginnen — die geologisch vielfältigste und interessanteste Region Bayerns; nicht umsonst wurde im Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab die Kontinental Tiefenbohrung auf fast 11 km „heruntergebracht“. Stark vereinfacht ist die Oberpfalz geologisch dreigeteilt: Im Norden und Osten das Alte Gebirge aus Granit und Gneis, 350 Millionen Jahre und älter, im Westen der Jura des Malm, rd. 200 Millionen Jahre alt, und in der Mitte die Vielfalt des „Bruchschollenlandes“. Im feuchtwarmen Klima der Kreidezeit wurden dort – sozusagen am Oberpfälzer Rio Negro - vor rund 100 Mio. Jahren eisenhaltige Erze eingeschwemmt und Kohlenflöze gebildet.2 Vor allem dieser Zeit verdankt die Oberpfalz ihre reichen Bodenschätze, deren Gewinnung, Verhüttung und Verarbeitung ihre reichen Zeiten als Montanregion begründeten. Als diese goldene oder besser eiserne Zeit des „Ruhrgebiets des Mittelalters“ zu Ende ging, war die Oberpfalz im Wesentlichen auf die Landwirtschaft zurückgeworfen. Das Klima war rauh und von den fetten alluvialen Böden hatte die Oberpfalz in ihrem damaligen Zuschnitt noch viel weniger abbekommen als die heutige. Die arme Zeit begann, die letztlich erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts überwunden werden konnte. Heute tragen weder die Erschließung der Bodenschätze noch die Landwirtschaft wesentlich zur Wertschöpfung bei, zusammen sind es unter 2%.3 Es kommt für die Zukunft der Oberpfalz kaum mehr auf die Bodenschätze oder auf den Boden an. Auch haben sich zwei wesentliche Determinanten zum Guten gewendet: Der Eiserne Vorhang ist gefallen, die Oberpfalz hegt also - nicht nur geographisch — in der Mitte Europas und sie ist im europäischen Verkehrswegenetz hervorragend positioniert. Es kommt also auf die Oberpfälzer selber an.
In einem Festvortrag zum 125jährigen Bestehen des Regierungsbezirks Oberpfalz im Januar 1963 hat Karl Bosl ausgeführt: „Seit 1803 hat sich fast ein Dornröschenschlaf über dieses stille, schwermütigtraurige Land an der Grenze gebreitet. Einst weltmännisch, weltoffen und bewegt, besonders unter den Landesherren am Rhein, ist es heute eines der konservativsten aber auch unterstützungswürdigsten Gebiete Deutschlands“.4 Ob dieser Satz eines bekennenden Oberpfälzers auch heute noch gilt — auch das soll Gegenstand dieses Beitrags sein.
Wenn hier versucht wird, aus naturräumlichen Grundlagen und historischen Vorgaben Entwicklungslinien für die Oberpfalz aufzufinden und zu verfolgen, verbietet sich ein Streben nach Vollständigkeit von selbst; viele Fäden können nicht aufgenommen, viele nicht mit der notwendigen Akribie verfolgt werden. Für sein recht subjektives Herangehen bittet der Verfasser um Nachsicht.
Weitere Kapitel:
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Die Tradition der Oberpfalz als Grenzland beginnt mit der Kulturscheide des „nassen Limes“, der Donau, die in unserer Gegend rund 350 Jahre lang die Grenze des römischen Reichs und damit auch der damaligen zivilisierten Welt bildete.5 Um 50 n. Chr. sind die ersten römischen Funde in Regensburg zu datieren, seit etwa 80 n. Chr. bewachte das erste Kastell südlich von St. Wolfgang die Grenze6, die aber die längste Zeit über durchlässig war: Saliern und Kareth sind wohl römische Ortsnamen7, der Wein für die römische Garnison wuchs „mit größter Wahrscheinlichkeit“ an den Hängen nördlich der Donau8. Es wurde Handel getrieben; einzelne Siedlungen sind im keltisch-germanischen Nordwald nachweisbar, zahlreiche römische Funde finden sich dort, seien sie dem Handelsaustausch oder Raubzügen auf römisches Gebiet zu verdanken.9 Das Bewusstsein dieser Grenze der Zivilisation hat sich noch lange in der Reichsstadt Regensburg gehalten, von ihrer Selbstgenügsamkeit gegenüber dem nördlichen Umland über die Sprachgrenze zwischen Mittel- und Nordbairischem bis hin zum lange gepflegten Vorurteil: Uber die Donau heirat’ man nicht ...
Als spätestens im sechsten Jahrhundert Regensburg zu Mittelpunkt und Festung des bajuwarischen Siedlungsgebiets wurde, war die Donaugrenze obsolet; an ihre Stelle trat die West-Ost-Schichtung der germanischen Stammesgebiete, der Alemannen, Franken und Bajuwaren, die sich wieder vom Gebiet der Slawen jenseits des Bayerischen und des Böhmerwaldes abgrenzten.10 Den Nordgau, den Kern der heutigen Oberpfalz, kann man als einen nach Norden schmäler werdenden Keil zwischen dem Gebiet der Slawen im Osten und den fränkischen Siedlungsgebieten im Westen verstehen. Hier wurde nordbairisch gesprochen, wobei die Mundartgrenzen auch die Gebietsverluste aufzeigen, die die heutige Oberpfalz im Vergleich mit dem alten Nordgau zu verzeichnen hat: Im Westen die Region um Ingolstadt und Nürnberg, im Norden die um Marktredwitz und im Osten das Egerland als Folge der Verpfändung an Böhmen im Jahr 1322.
Da sich die Beigaben in bajuwarischen und in slawischen Gräbern des frühen Mittelalters kaum unterscheiden lassen, erschließt sich die Besiedelungsgeschichte der Oberpfalz im Wesentlichen aus der Ortsnamenforschung.11 Diese weist bis etwa auf die Höhe von Nabburg eine Fülle von frühen Namen auf -ing, -hofen oder -hausen auf. Daneben finden sich im gleichen Gebiet, im südlichen und mittleren Naabtal und an Regen und Chamb, auch rein slawische Fluss- und Ortsnamen wie Perschen oder Teublitz und auch eine Fülle von bajuwarisch-slawischen Mischformen, die auf eine Besiedelung sowohl durch Bajuwaren wie durch Slawen schon im frühen 8. Jahrhundert hinweisen. Urkunden des frühen 9. Jahrhunderts bestätigen diesen Befund. Robert Schuh12 spricht hier von einem großen gemeinsamen Siedlungswerk, das die Mittlerfunktion der Oberpfalz zwischen Sprachen und Völkern zeige. Im 11. Jahrhundert nehmen Belege für alt-tschechische Siedler in der Oberpfalz ab; diese wurden offenbar von der bajuwarischen Mehrheit assimiliert, die wiederum slawische Fluss- und Ortsnamen übernommen und bis heute beibehalten hat. Gerade weil die Oberpfalz einmal eine terra slavorum war, weist die Geschichte einen nur selten unterbrochenen Strom wechselseitiger Beziehungen zwischen der Oberpfalz und Böhmen auf.13 Die Landesausstellung Bayern- Böhmen in Zwiesel, 2007, gab davon ein beeindruckendes Zeugnis. Die Kirchengeschichte zeigt Böhmen als Missionsland von Regensburg14, das 845 die feierliche Taufe von 14 böhmischen Fürsten sah. Der hl. Emmeram war der erste Patron Böhmens und der hl. Wolfgang hat der Abtrennung eines selbständigen Bistums Prag von Regensburg entgegen seinem Domkapitel zugestimmt.15
Die Herrschaftsgeschichte steht im Zeichen der ganz überwiegend stabilen Grenze, die als eine der ältesten Grenzen Europas durch die Kammlinie des Böhmerwaldes und ihre Verlängerung markiert ist. Die über diese Linie hinausgehende Erschließung des Egerlandes als Teil des bairischen Nordgaus fand 1322 durch die nie abgelöste Verpfändung an die böhmische Krone ihr Ende. Gute 30 Jahre später griff Kaiser Karl IV. durch Pfandeinzug, Kauf und Erbschaft weit in den Nordgau über; die nördliche Oberpfalz wurde für 20 Jahre zu Neuböhmen mit dem Hauptort Sulzbach16. Noch in neuerer Zeit unterstanden die Landkreise Prachatitz, Markt Eisenstein und Bergreichenstein — von 1939 bis 1945 — der Regierung in Regensburg.17
Nur selten unterbrochen war der einträgliche Handelsstrom auf der Goldenen Straße18 und dem von Karl IV. unterbundenen, sich aber dann durchsetzenden Verkehrsweg der „Verbotenen Straße“ über Waidhaus. Am böhmischen Landestor Pfraumberg (Pfimda) stand eine der einträglichsten Zollstationen des Königreichs Böhmen. Allein im Jahr 1577 wurden hier über 20 000 Mastochsen aus Böhmen, Rotrussland und Ungarn in Richtung Nürnberg getrieben. Die Regensburger Pfennige waren im 12. und 13. Jahrhundert die gebräuchlichste Währung in Westböhmen, während sich die Prager Groschen im 14. und 15. Jahrhundert großer Beliebtheit in der Oberpfalz erfreuten.19 Eine Unterbrechung im 15. Jahrhundert erfahr dieser Handelsstrom nur durch die Hussitenkriege und das päpstliche Verbot von 1420, mit den Ketzern Handel zu treiben.20 Als die Montanherrlichkeit der Oberpfalz gegen 1600 ihrem Ende zuging, suchten viele Oberpfälzer Bergleute ihren Verdienst in den Silberbergwerken von Joachimstal (Jächimov), während das ' Zinn aus dem Kaiserwald den Ambergern noch eine Fortsetzung ihrer Weißblechproduktion ermöglichte.
Wenn auch der Dreißigjährige Krieg und die prohibitive Schutzzollpolitik des Merkantilismus die für beide Seiten vorteilhaften, gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen einschränkten, ergab der Boom von Glas und Porzellan ab dem 17. Jahrhundert doch wieder neue Austauschmöglichkeiten. Beiderseits der Grenze entstand eine Fülle neuer Glashütten, mit starkem Übergewicht auf der böhmischen Seite. Die Glasmacher konnten beiderseits der Grenze Arbeit suchende nach wirtschaftlicher Lage, Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Bei den Porzellinern lag eher die Oberpfalz vorne; die Rohstoffe Kaolin, Quarzsand und Feldspat konnten über die Grenze hinweg ausgetauscht werden. Intensive Kooperation öffnete der Spiegelproduktion des böhmisch-oberpfälzischen Raums den Weltmarkt. Die von der Wasserkraft profitierenden Schleifwerke der Oberpfalz erhielten Flachglas aus Böhmen und gaben dann die geschliffenen Scheiben zur Versilberung und zum Export an Unternehmer in Fürth und Nürnberg weiter21. Viele andere Beispiele einer intensiven grenzüberschreitenden Kooperation unter Nutzung von Synergie und Spezialisierung zeigen, dass die Vorteile immer beiden Seiten zugute kamen; auch der Wettbewerb, besonders bei Glas und Porzellan, erwies sich letztlich als förderlich22.
Hemmend wirkte sich jedoch immer wieder die Politik aus, die unter konfessionellen, merkantilistischen, nationalstaatlichen und ideologischen Vorgaben den freien Austausch einschränkte - bis hin zum traurig-frostigen Tiefpunkt der Beziehungen in den rund 40 Jahren des Eisernen Vorhangs. Im Jahr 1952 wurde ein Grenzübertritt von 1 789 Personen am einzigen Grenzübergang Waidhaus registriert. Die über 20 Jahre seit der Grenzöffnung und die bald sechs Jahre währende gemeinsame Zugehörigkeit zum europäischen Wirtschaftsraum haben manche Befürchtungen zerstreut, haben neue Hoffnung aufgebaut, auch darauf, dass die immer noch hohe Arbeitslosenquote im Grenzgebiet bald der Vergangenheit angehören wird. Zum Überwinden der alten Grenzsituation genügt kein wohlwollend-friedliches Nebeneinander, gefragt ist ein engagiertes Miteinander.
Wirtschaftliche Beziehungen und Verflechtungen sind nicht alles. Ein fruchtbares nachbarliches Verhältnis muss auf einem beiderseitigen Verständnis für die jeweils andere Kultur gründen. Im alten Reich war es selbstverständlich, dass Künstler und Musiker Aufträge auf beiden Seiten der Grenze übernehmen und damit zum kulturellen Austausch beitragen konnten. Die älteren Dientzenhofer-Brüder, die in Prag vor allem bei Meistern aus den Südalpen gelernt hatten, bauten dann in Waldsassen und Amberg. Cosmas Damian Asam schuf nach seiner frühen Zeit in der Oberpfalz Fresken in der Wallfahrtskirche auf dem Weißen Berg bei Prag, die den Sieg über die pfälzischen Kalviner verherrlichen. Unzählige Beispiele ließen sich anführen23. Diese selbstverständlichen kulturellen Verflechtungen im alten Europa fielen dem Nationalismus des späten 19. Jahrhunderts und seinen Auswüchsen besonders im Nationalsozialismus zum Opfer. Nach Vertreibung und Kommunismus war es ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Wallfahrt zum Heiligen Blut in Neukirchen aus Böhmen sofort wieder im Mai 1990 einsetzte24. Institutionen wie das Bohemicum an der Universität Regensburg oder das Zentrum Bavaria-Bohemia in Schönsee tragen zur Vertiefung und Verbreiterung der wiedergewonnenen kulturellen Verbindungen bei. Zum beiderseitigen Verständnis im ganz wörtlichen Sinne bedarf es aber auch der Sprachkenntnisse. Hier besteht in der Oberpfalz noch erheblicher Lernbedarf.
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Wo hätte sich in der Oberpfalz ein überregionales Zentrum herausbilden können, wenn nicht in Regensburg? Die größte und bedeutendste Stadt im südlichen Mitteleuropa in den Jahrhunderten vor und nach 1000 n. Chr. hätte sicher das Zeug dazu gehabt. Warum wurde sie es nicht? Unter den Agilolfingern war Regensburg die unbestrittene Hauptstadt des bayerischen Stammesherzogtums. Diese Zeit endete aber, als Karl der Große Herzog Tassilo III. abgesetzt und von dessen Hauptstadt Besitz ergriffen hatte. Unter seinen Nachfolgern, insbesondere unter Arnulf von Kärnten, der sein Grab in St. Emmeram fand, wurde Regensburg zum Hauptsitz der späten Karolinger. Als sich der Schwerpunkt der Macht und auch des Königsgutes unter den Ottonen und Saliern verschob, war Regensburg im Reisekönigtum des Mittelalters zwar noch die meistbesuchte, aber doch nur eine von vielen Städten, deren Pfalzen dem König zum Aufenthalt dienten. Die Funktion einer vielbesuchten Königsstadt hinderte die Bayernherzöge daran, ihre alte Metropole zum Machtmittelpunkt Bayerns auszubauen. Der aufstrebenden Bürgerschaft gelang es dann im 13. Jahrhundert, sich des königlichen Schutzes gegen Bischof und Herzog, die ohnehin meist in Fehde gegeneinander lagen, zu versichern und 1245 die „Stadtfreiheit“ zu erreichen25. Die wohlhabenden Bürger der Stadt, die zwischen Byzanz, Eliew, Venedig und den Städten Brabants und der Champagne Handel trieben, wollten eine freie Handelsstadt, an regionaler Hauptstadtfunktion in Bayern war ihnen nicht gelegen. Der Übergang der im 15. Jahrhundert finanziell ausgebluteten Stadt an Bayern scheiterte 1492 am Kaiser, aber auch an der Uneinigkeit der Bürgerschaft. Regensburg konnte im Mittelalter wohl nicht Hauptstadt werden, vor allem wollte es das auch nicht.
Neben Regensburg kam keine Stadt der Oberpfalz als überregionale Haupt- und Residenzstadt in Frage. Am ehesten könnte man noch bei Sulzbach26 die in der Geschichtswissenschaft unzulässige Frage stellen: Was wäre gewesen, wenn ...? Wäre das Geschlecht der mächtigen Grafen von Sulzbach nicht im Jahr 1188 mit Gebhard, dem Bruder der byzantinischen Kaiserin, in männlicher Linie ausgestorben, hätte vielleicht ein eigenes Machtzentrum im Nordgau geschaffen werden können — auch gegen die Wittelsbacher, die hier damals nur über einigen ererbten Streubesitz verfügten. Sulzbach war ja dann im 17. und 18. Jahrhundert die einzige wirkliche Residenzstadt eines zwar kleinen, aber souveränen Fürstentums27, bis der Sulzbacher Karl Theodor erst die Pfalz und dann Bayern erbte — ohne die Hauptstadt in Sulzbach zu belassen. Der Stadt Amberg kamen seit der pfalz-bayerischen Teilung im Hausvertrag von Pavia, 1329, wichtige zentrale Funktionen für einen großen Teil der Oberpfalz zu, letztlich aber nur in der Administration dieses wichtigsten Nebenlands der Kurfürsten in Heidelberg. Wenn anstelle eines Viztums, als dem höchsten Verwaltungsbeamten, ein Statthalter — oft der Thronfolger des Kurfürsten — in Amberg regierte, fiel einiger residenzieller Glanz auf die Stadt, was aber ihre grundsätzliche Fremdbestimmung aus Heidelberg nicht änderte.28 Während in diesen Jahren Amberg noch eine kulturell und geistig lebendige Stadt mit einer selbstbewussten Oberpfälzer Ständevertretung war, wurde es im Kurfürstentum Bayern mit der ganzen Oberpfalz — ich folge hier Karl Bosl — in einen „Dornröschenschlaf politischen und historischen Bewusstseins“ versetzt. Der bayerische Zentralismus fand in Amberg sein erstes Opfer, die Fremdbestimmung aus München nahm gegenüber der Pfälzer Zeit erheblich zu.29
Der Oberpfalz war es — schon auf Grund ihrer Grenzlage und vor allem wegen ihrer vielfachen historischen Aufsplitterung unter den bayerischen und pfälzischen Wittelsbachern — nicht beschieden, eine eigene Metropole, ein eigenes Macht-, Kultur- und Wirtschaftszentrum herauszubilden. Sie wurde — vielfach aufgeteilt — von Heidelberg, von München und Landshut, von Neuburg a. d. Donau, von Düsseldorf und schließlich dann — vereinigt — von München aus regiert. Mag sein, dass auch das zum oft beklagten Mangel an Selbstwertgefühl der Oberpfälzer beigetragen hat. „Immer als Anhängsel mächtigeren Stämmen dienend bewahrt der Oberpfälzer eine gewisse Zurückhaltung gegenüber Fremden“, so der Oberpfälzer Schönwerth30. Das historisch bedingte und - was Regensburg betrifft - auch gewollte Zentralitätsdefizit führt heute dazu, dass Ostbayern, dass die Oberpfalz eine Position zwischen den Metropolregionen München, Nürnberg und Prag finden muss. Der fokussierenden Kraft der Ballungsräume kann nur mit intensiver Vernetzung begegnet werden. Bei aller Sogwirkung, die besonders von der nahen Stadt Nürnberg ausgeht, muss sich die Oberpfalz ihrer eigenständigen Funktion im Osten Bayerns und ihrer Chancen in einer grenzüberschreitenden Region zusammen mit West- und Südböhmen, mit Niederbayern und mit Oberösterreich bewusst bleiben. Die Vision einer europäischen Region an Donau und Moldau wartet auf Verwirklichung.
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Eine Gegenüberstellung von reichen und armen Zeiten in der Oberpfalz setzt sich natürlich dem Vorwurf unzulässiger Vereinfachung aus; notwendig wäre eine zeitliche, räumliche, soziale Differenzierung, die hier nicht abgearbeitet werden kann. Es fällt aber im Vergleich mit anderen Regionen doch auf, dass die Spanne zwischen „guten“ und „schlechten“ Zeiten in der Oberpfalz überdurchschnittlich weit ist, dass sich die Zeiten, in denen die Oberpfalz von ihren reichen Bodenschätzen profitieren konnte, besonders deutlich von den Phasen abheben, in denen unser Raum im Wesentlichen auf den bescheidenen Ertrag seiner kargen Böden angewiesen war.
Dazu kommt der Sonderfall der Fernhandelsstadt Regensburg: Die Glanzzeit der Stadt, in der selbstbewusste Bürger kulturelles Welterbe schaffen konnten, ist oft genug beschrieben worden.31 Sie beruhte nicht auf den Bodenschätzen der Oberpfalz und auch nicht auf handwerklicher Produktion in der Stadt und ihrer Umgebung, sondern stützte sich nahezu ausschließlich auf den Fernhandel. Dieser wiederum erwuchs zunächst aus dem Bedarf des frühen Herrschaftszentrums des bayerischen Stammesherzogtums und des ostfränkischen Reichs und dann aus der günstigen Lage an der Wasserstraße der Donau und den begleitenden Verkehrswegen. Als Beispiel sei der Textilhandel angeführt32: Kostbare byzantinische oder orientalische Seidenstoffe wurden in Regensburg in einem Maße umgeschlagen, dass sie wie selbstverständlich um 1135 in England, um 1150 im mächtigsten Kloster des Abendlandes, Cluny, oder um 1200 im „Parzival“ Wolframs von Eschenbach unter dem Markennamen Regensburger Tuch geführt wurden. Im Gegenzug kauften Regensburger Kaufleute auf der größten europäischen Textilmesse in der Champagne feine Wolltuche aus Nordfrankreich, Flandern und Brabant und verkauften sie in Österreich, Ungarn und Böhmen. Eine wesentliche eigene Stoffproduktion lässt sich aber in und im Umkreis der Stadt — anders als z. B. in Augsburg — nicht nachweisen. Das Handwerk spielte nur eine bescheidene Rolle; die Zünfte waren im Inneren Rat der Stadt gar nicht vertreten.
Schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts waren dunkle Wolken über der glanzvollen Handelsstadt aufgezogen.33 Neben einer Reihe von äußeren Gründen für den Niedergang des reichsstädtischen Fernhandels war entscheidend, dass sich im Europa des 14. Jahrhunderts die Bedarfsstruktur grundlegend geändert hatte. Eine breite Nachfrage nach Massenkonsumgütern begünstigte jetzt endgültig kombinierte Fabrikations- und Fernhandelszentren wie Augsburg (Textil) oder Nürnberg (Eisenwaren). Die Handelsherrenmentalität der großen Regensburger Familien, mangelnder Investitionsmut und später auch mangelnde Finanzkraft verhinderten den Aufbau eines exportorientierten Veredelungsgewerbes unter Einbeziehung der Region34. Der Befreiungsschlag von 1486 zugunsten der bayerischen Option, der der verarmten Stadt Hauptstadtfunktion und eine frühe Universität hätte bringen und die Dauerspannung mit dem erstarkenden Territorialstaat Bayern hätte vermeiden können, schlug bekanntlich fehl35 und bedeutete auch das Ende der von Abgaben befreiten „Freistadt“ im Verhältnis zum Reich. Und so berichtet Riccardo Bartolini 1515 von den geräumigen Häusern der Stadt, die „nun, da der Wohlstand der allzu stolzen Einwohner zurückgegangen ist, leer stehen“36.
Seine „Hoch-Zeit“ erreichte das Oberpfälzer Montanrevier im 14. bis zum 16. Jahrhundert erst, als sich die Fernhandelsstadt Regensburg schon im Niedergang befand. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts setzten sich das Bergbaurevier um Amberg und Sulzbach und die Oberpfälzer Hammerherren mit damals innovativer Technik, mit der reich zur Verfügung stehenden Wasserkraft und dem Energiespeicher der großen Wälder auf einen vorderen Platz in der gesamteuropäischen Entwicklung. Sie erarbeiteten sich den Ruf besonderer Qualität des Oberpfälzer Eisens und sicherten für fast drei Jahrhunderte die wirtschaftliche Blüte der Oberpfalz.37 Die Hammereinungen von 1341 und 1387, wohl die ersten Kartelle der europäischen Wirtschaftsgeschichte, sollten die Monopolstellung der Bergstädte Amberg und Sulzbach und der 69 teilnehmenden Hammerherren mit ihren 83 Eisenhämmern aufrecht halten.38 Sie konnten den hohen Stand der Oberpfälzer Montanwirtschaft, die etwa 10—15% der europäischen Eisenproduktion in anerkannt hoher Qualität stellte, bis zum Ende des 16. Jahrhunderts gewährleisten.39 Die notwendige Verfügbarkeit von Wasserkraft und von produktionsnahen Holzvorräten bedingte eine Verteilung der Eisenhämmer auf fast die gesamte Oberpfalz. Die ganze Region konnte daher auch von der Eisenproduktion profitieren.40 Zu deren hoher Zeit lebte etwa knapp ein Viertel der Oberpfälzer Bevölkerung direkt oder indirekt von der Eisenproduktion. Das vielzitierte Etikett eines „Ruhrgebiets des Mittelalters“ hatte für gut 250 Jahre durchaus seine Berechtigung.
Von dieser großen Zeit des Oberpfälzer Reviers profitierte auch Regensburg, allerdings in weit geringerem Maß als Nürnberg. Seitdem die Vils zu einer geeigneten Wasserstraße ausgebaut worden war, konnte das Eisen per Schiff nach Regensburg gebracht und dort umgeschlagen werden41. Die Schiffe fuhren — mit päpstlicher Dispens — meist sonntags, wenn die vielen Eisenhämmer die Wasserkraft nicht benötigten, in einem Tag von Amberg auf Vils und Naab nach Regensburg und wurden dann — mühsamst schon wegen der 18 Staustufen — in rund vier Tagen, meist mit Salz und/oder Wein beladen wieder zurückgeschleppt.
Lange Zeit florierte der Handel und brachte der Stadt zusammen mit der Gegen- oder Beifracht von Wein und Salz eine Spätblüte auf allerdings schon bescheidenerem Niveau. Bemerkenswert und für die weitere Entwicklung entscheidend ist aber, dass sich die durchaus potenten Regensburger „Eisenmanger“ nicht um eine Beteiligung an der Eisenproduktion und Eisenverarbeitung bemühten. Auch hier mag wieder die einseitige Ausrichtung auf den Handel — und auch ein planmäßiges „Kurzhalten“ der Zünfte – eine Rolle gespielt haben42. Letztlich hat aber zu Beginn der Neuzeit wohl schon der Mangel an Kapital und unternehmerischer Substanz den Aufbau einer exportfähigen Industrie verhindert. Als Gegenpol muss hier Nürnberg genannt werden43, das sich von Anfang an der Oberpfälzer Eisenproduktion und an den Hammereinungen beteiligt und sich rechtzeitig einen für ganz Süddeutschland zentralen Markt für Veredelungsprodukte aller Art wie Waffen, Messer und Beile, Pflüge und Sensen geschaffen hat. Bis zu zwei Drittel der Eisenproduktion gingen zur Verarbeitung nach Nürnberg, das mit der Rohstoffbasis der Oberpfalz kooperierte und seinen Nutzen daraus zog. So wurde letztlich das Oberpfälzer Montanrevier die Basis für den Wohlstand und die kulturelle Hochblüte Nürnbergs im 15. und 16. Jahrhundert. Die Chancen einer engeren Zusammenarbeit zwischen Regensburg und der Oberpfälzer Region wurden dagegen nicht genutzt.
Ein Blick muss noch den Gründen für den zunächst langsamen, dann aber rasanten Abstieg der Oberpfälzer Eisenindustrie in den Jahren ab etwa 1580 gelten.44 Nur einige Stichworte seien genannt: Die Bergstädte Amberg und Sulzbach, die unterschiedlichen Landesherren unterstanden, hemmten sich gegenseitig. Die Lagerstätten waren erschöpft oder wegen fehlender Investitionen in die Wasserhaltung nicht mehr erreichbar; das enge Korsett der Hammereinung verhinderte Investitionen für eine bedarfs- und marktgerechte Produktion auf der technischen Höhe der Zeit; die bestehenden Produktionsmethoden wurden praktisch eingefroren, die Oberpfalz verpasste so im 16. Jahrhundert völlig den Anschluss an die Hochofentechnologie; der starke Raubbau an den Wäldern bedingte immer höhere Bereitstellungskosten für den Energiespender Holz, sogar böhmische Holzkohle musste eingeführt werden. Protestantische Führungs- und Fachkräfte wurden ab 1623 ausgewiesen. Die Eisenindustrie geriet immer mehr in bürokratische Zwänge der Stadt Amberg und der kurfürstlichen Regierung, die die Hammereinung zunehmend zu fiskalischen, politischen und konfessionellen Zwecken, aber auch für Eigeninteressen ihrer führenden Beamten, missbrauchte. Die Verstaatlichung durch das Herzogtum Bayern gab dem Montanrevier Oberpfalz dann für bald 200 Jahre den Rest.45
Das Ende der bedeutenden, geradezu glanzvollen Oberpfälzer Montanindustrie im Spätmittelalter und in der beginnenden Neuzeit schon vor dem Dreißigjährigen Krieg zeigt beispielhaft die Folgen eines zu langen Beharrens auf einmal erfolgreichen Strukturen und Methoden, die Folgen sinkenden Innovations- und Investitionsmutes.
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Bei der letzten Volkszählung 1987 lebten in der Oberpfalz 85% katholische und 11.5% evangelische Christen. Diese Zahlen spiegeln die wechselhafte, zum Teil dramatische Glaubensgeschichte nicht wider. Einen „Samen“ für das spätere Reformationsgeschehen legte vielleicht schon Jan Hus, dem auf seinem Weg durch die Oberpfalz zum Konzil nach Konstanz – jedenfalls nach seinen Worten - viel Sympathie für seine Lehre begegnete.46 Zunächst ab 1523 in Regensburg, später in den Oberpfälzer Städten Weiden, Cham, Neunburg vorm Wald, Neumarkt und Amberg hatten sich bis zum Ende der dreißiger Jahre reformatorische Prediger, hatten sich neue Formen von Predigt und Gottesdienst und das Abendmahl „sub utraque specie“ durchgesetzt. 47 1538 forderten die acht „Bezirksstädte“ der Oberen Pfalz unter Führung von Amberg zusammen mit dem Adel vom Kurfürst die lutherische Predigt im Land. Nachdem das Regensburger Religionsgespräch im Rahmen des Reichstags von 1541 zu keiner Einigung geführt hatte, hielt die Reichsstadt nur noch der Unmut des Kaisers, ihres Schutzherrn, und die Drohung bayerischer Blockade von der Einführung der Reformation ab.
Als sich aber im nächsten Jahr Pfalzgraf Ottheinrich für die benachbarte Junge Pfalz zur Reformation bekannte, wagte auch Regensburg den Schritt.48 Mit seinem Übertritt zum protestantischen Glauben wurden das Stadtregiment und mit geringen Ausnahmen auch die Bürgerschaft, aber keineswegs die ganze Stadt protestantisch. Nicht betroffen waren davon die vier reichsunmittelbaren Stifte mit etwa einem Drittel der Anwesen. Die Bevölkerung war wohl bis zum Ende des alten Reiches mehrheitlich katholisch. Dieses Nebeneinander der Konfessionen war ein wesentlicher Grund dafür, dass vom Beginn des 17. Jahrhunderts an die Reichsversammlungen und ab 1661 der Immerwährende Reichstag in Regensburg tagten, wobei wohl weniger ein besonderes Klima christlicher Toleranz, als die Verfügbarkeit von Kirchen und anderen Einrichtungen für beide Konfessionen den Ausschlag gab.49 Dass in dieser Zeit der Streit um das richtige Datum zwischen Kaiser und Reichstag mit ihrem „papistischen“ gregorianischen Kalender einerseits und der Reichsstadt mit ihrem um 10 Tage nachgehenden julianischen Kalender andererseits immer noch groteske Blüten trieb, sei noch am Rande erwähnt.50
In der Oberpfalz konnten der Schmalkaldische Krieg und das Augsburger Interim von 1548 die weitere Entwicklung des Protestantismus nur einige Jahre aufhalten, sodass spätestens 1556, als Ottheinrich sein Erbe als Kurfürst in Heidelberg antrat, die Obere Pfalz und Pfalz-Neuburg sowie die Reichsstadt Regensburg im Wesentlichen protestantisch waren. Diese weitgehende konfessionelle Einheit hielt jedoch nicht lange. Die Kurfürsten von der Pfalz bekannten sich seit Friedrich III. (1559-1576) - mit einer Ausnahme – zur radikaleren reformierten Lehre Zwinglis und Calvins. Die lutherisch geprägten Oberpfälzer wehrten sich in großer Einmütigkeit aller Stände gegen die rigide Fremdbestimmung durch die Zwingler und Kalviner aus Heidelberg51, es gab Volksaufstände wie das „Amberger Lärmen“ von 1592. In Nabburg und Tirschenreuth wurden Vertreter des calvinischen Regiments erschlagen, was noch heute Stoff für Festspiele gibt. Nachdem der in seiner Politik recht selbständige Statthalter der Pfälzer Kurfürsten in Amberg, Fürst Christian von Anhalt-Bemburg, auch die Oberpfalz in die Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges geführt hatte, wurde diese bekanntlich nach der Schlacht am Weißen Berg als Kriegserwerbung des siegreichen Kurfürsten Maximilian I. ab 1621 „katholisch gemacht“. Der erzwungene Abzug der protestantischen Führungsschicht schwächte die Wirtschaft zusätzlich, die schon deshalb nicht mehr an die goldene Montanzeit anknüpfen konnte. Schon einige Jahre vorher, 1613/14 war der Neuburger Pfalzgraf Wolfgang — sicher auch aus politischen Gründen — zum katholischen Glauben übergetreten und hatte nach anfänglicher Toleranz schließlich auch die Landesteile auf dem Nordgau in die katholische Obödienz überführt.52 Mit Ausnahme von Regensburg war daher um 1630 die Oberpfalz wieder weitgehend katholisch. Wie sich aber vorher die Oberpfälzer gegen die Heidelberger Obrigkeit zur Wehr gesetzt hatten, versuchte jetzt in den nordgauischen Teilen des Fürstentums Pfalz-Neuburg um Sulzbach, Weiden, Floß und Pleystein die Bevölkerung überwiegend, ihren protestantischen Glauben zu bewahren. Da sie erst nach dem maßgebenden „Normaljahr“ des Westfälischen Friedens, 1624, katholisch gemacht worden war, stand ihr das auch reichsrechtlich zu. Zwei Drittel der Bewohner blieben protestantisch; die Jesuiten mussten gehen.
Eine große, von konfessioneller Toleranz geprägte Zeit für Sulzbach führte dann Pfalzgraf Christian August (1622—1708) herauf, der mit seiner Konversion zum katholischen Glauben 1656 die Souveränität des kleinen Fürstentums erreichen konnte. Die Souveränität sei „ihm eine Messe wert gewesen“, würde dem tief empfundenen Bekenntnis Christian Augusts zu einem toleranten, auf Ausgleich bedachten „diskreten Katholizismus“ nicht gerecht.53 Christian August hatte bereits 1652 mit seinem Neuburger Vetter Philipp Wilhelm den sog. Kölner Vergleich abgeschlossen, der das Simultaneum mit Gleichberechtigung der Konfessionen, gemeinsamer Nutzung von Kirchen, Schulen, Spitälern und Friedhöfen und Aufteilung des Kirchenguts und der Kircheneinnahmen vorsah. Auch wenn das Simultaneum, das an einigen Kirchen auch heute noch besteht, so manche grotesken, heute nicht mehr nachvollziehbaren, klein-gläubigen Reibereien mit sich brachte, so war das Herzogtum Sulzbach doch in den 50 Jahren unter Christian August „eine frühe und wichtige Pflegestätte toleranten Christentums“ (Alois Schmid)54, nachdem die Oberpfalz — so Karl Bosl — Reformation und Gegenreformation mehr als viele andere Landschaften Deutschlands durchlebt und durchlitten hatte. Dem Pfalzgrafen lag, wie Leibnitz, der Sulzbach 1687/88 besuchte, eine Union, eine Wiedervereinigung der Christen am Herzen. Darüber hinaus führten ihn seine Hebräisch-Studien, die er in den Niederlanden begonnen hatte, zur Suche nach gemeinsamen Grundwahrheiten von Christentum und Judentum. Auf die wissenschaftliche Hochblüte am Sulzbacher Hof Christian Augusts wird noch einzugehen sein. Seinem besonderen Interesse an der jüdischen Mystik der Kabbala entsprach in der Sulzbacher Regierungspraxis die Gründung jüdischer Gemeinden in Sulzbach (1666) und Floss (1684)55 - in einer Zeit, in der die Juden in den umliegenden Territorien von Niederlassungsverboten und Ausweisungen heimgesucht waren.
Gelehrsamkeit und Toleranz des Pfalzgrafen bewirkten auch den Aufstieg Sulzbachs zu einer der führenden Buchdruckerstädte. Christian August hatte dem protestantischen Drucker Abraham Lichtenthaler und dem jüdischen Drucker Isaak Kohen Druckprivilegien erteilt, worauf Sulzbach einen weiten Raum Mittel- und Osteuropas mit katholischem, protestantischem und jüdischem Schrifttum versorgte.56 Diese Tradition Sulzbachs wurde unter den Nachfolgern Christian Augusts im Zeichen konfessioneller Enge unterbrochen, lebte aber vor allem unter dem bedeutenden bayerischen Verleger Johann Esaias von Seidel (1758-1827) wieder auf, der neben vielen Werken mit großer geistlicher und geistiger Spannweite als umfang- und risikoreichstes Unternehmen die 41 Bände der „Sämtlichen Schriften“ des großen bayerischen Kirchenlehrers und Bischofs von Regensburg Johann Michael von Sailer herausbrachte.57 Dass spätere Nachfolger Sailers sich weniger der christlichen Toleranz als ultramontaner Orthodoxie verpflichtet fühlten, zeigt das exzessive, den deutschen Episkopat spaltende Unfehlbarkeitsverständnis des Regensburger Bischofs Ignatius von Senestréy auf dem Vaticanum I - und auch sein bekanntes Petitum an den Vatikan, die Schriften seines großen Vorgängers Johann Michael Sailer zu indizieren. In Rom („ultra montes“) war man aber weitsichtiger und klüger.58
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Man ist versucht, dieses Kapitel mit den starken Eingangsworten zu beginnen: Schon lange bevor in Europa die ersten Universitäten begründet wurden, war Regensburg ein weitstrahlendes Zentrum mittelalterlicher Gelehrsamkeit. Für die frühe monastische Wissenschaft im Kloster St. Emmeram des 11. Jahrhunderts trifft das sicher zu59, wobei - die weitere Entwicklung in Regensburg vorgebend — die Schwerpunkte bei den „rechnenden Künsten“ des Quadriviums und bei der Historiographie lagen. Der Mönch Wilhelm, späterer Reformabt in Hirsau, verfasste bedeutende Werke zu Astronomie und Musik. Er war es auch, der im Geiste der weltoffenen Gorzer Reformtradition mit Nachdruck die Berechtigung weltlicher, auf der arabischen Wissenschaft beruhenden Forschung im Kloster verfocht. Die seiner Veranlassung zugeschriebene monumentale Steinplastik der Sphaera im Historischen Museum Regensburg ist ein einzigartiges Zeugnis dieser astronomischen Studien des Klosters. Nachdem die Hirsauer Reform kaum auf St. Emmeram als Mutterkloster Abt Wilhelms zurückgewirkt hatte und dort der wissenschaftliche Schwung etwas erlahmt war, nahmen das Hirsauer Reformkloster Prüfening und das Schottenkloster dessen wissenschaftliche Tradition auf und entwickelten sie besonders auf dem Gebiet einer sich zur Geschichtswissenschaft mausernden Annalistik.
In den besonderen Verhältnissen Regensburgs sind die Gründe dafür zu suchen, dass sich in der Stadt, die in der Zeit erster Gründungen von Universitäten noch mit einigem Reichtum gesegnet war, keine Hochschule bildete. Frühe Universitäten entstanden zunächst meist aus bischöflichen Kathedralschulen und im Spätmittelalter dann vor allem auf Betreiben der Landesherren.60 Infolge der Konzentration wissenschaftlicher Bemühungen in den Klöstern, wegen der Spannungen zwischen Klöstern, Bischof, Stadt, Bayernherzog und Kaiser und wohl auch wegen des geringeren Interesses der großen Handelsherren der Stadt blieb Regensburg lange Zeit eine Hochschule versagt. Konkrete Ansätze oder Überlegungen zur Gründung einer Universität wie die Herzog Albrechts IV 1486 oder König Ludwigs I. kamen bekanntlich nicht zum Tragen. So blieb in Regensburg wie in der Oberpfalz die Wissenschaft vornehmlich Sache der Klöster, die aber mit Höhepunkt in Barock und früher Aufklärung eine so reiche Tätigkeit entfalteten, dass hier nur Raum für einige Beispiele bleibt.
Den bedeutendsten Naturwissenschaftler des europäischen Mittelalters, Albertus Magnus, kann die Regensburger Wissenschaft angesichts seiner relativ kurzen Aufenthalte als Lehrer und als Bischof kaum in Anspruch nehmen. Ein Jahrhundert später aber konnte der Domherr Konrad von Megenberg (1309-1374) seine umfassende wissenschaftliche Tätigkeit als Theologe, Historiker und Jurist und vor allem als Naturforscher entfalten.61 Vor seiner Zeit in Regensburg stand er im Übrigen als Rektor in Wien der Stephansschule vor, aus der sich dann einige Jahre später die zweite Universität des deutschen Reiches entwickelte. (Auch das ein Hinweis auf damalige Optionen Regensburgs.) Für das 15. Jahrhundert soll hier der aus Reichenbach am Regen stammende Chorherr von St. Mang Andreas von Regensburg (gest. 1438) stehen, der neben umfassenden Werken der Kaiser- und Papstgeschichte und seiner „Chronik von den Fürsten in Bayern“ eine erstaunlich unpolemische „Chronica Husitorum“ vorlegte.62 Auf diesen Werken schöpfte im frühen 16. Jahrhundert dann Johannes Aventinus (1477-1534), Wirtssohn aus Abensberg und „Vater der bayerischen Geschichte“. Ihm blieben allerdings als Kirchenkritiker und Exulant nur noch die letzten sechs Jahre seines Lebens in Regensburg, wo er sein Grab in St. Emmeram fand.63 Noch kürzer und auch nicht aus wissenschaftlichen Gründen hielt sich vor seinem Tod 1630 Johannes Kepler in der Reichsstadt auf.
Die Klöster der Oberpfalz und vor allem Regensburgs beteiligten sich in der Zeit des Barock und der Aufklärung sehr aktiv und mit großem Einsatz an der Hinwendung zu den „modernen“ Naturwissenschaften. Sie wirkten auch an der Gründung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1759 engagiert mit. Ildephons Kennedy, Pater des Regensburger Schottenklosters, war über 40 Jahre „perpetuierlicher Sekretär“ und ordentliches Mitglied der philosophischen Klasse der Akademie der Wissenschaften.64
Die Fürstäbte von St. Emmeram, Johann Baptist Kraus (1742-1762) und Frobenius Forster (1762-1791), zogen als bedeutende Historiker in der Abtei eine ganze Generation junger kritischer Geschichtswissenschaftler heran, während der letzte Fürstabt Cölestin Steiglehner (1791—1803) als „Vater der Meteorologie“ und sein Schüler Placidus Heinrich vor und nach der Säkularisation die letzte Blüte der klösterlichen Naturwissenschaften repräsentierten und in die neue säkulare Wissenschaftspflege überführten.65 Hier zeigt sich in den letzten Jahren monastischen Lebens in Regensburg eine weltoffene Aufgeschlossenheit, die im 19. Jahrhundert nicht nur infolge der Säkularisation, sondern auch im Zeichen romantischer Naturphilosophie unter Ludwig I. verschüttet wurde. Als Anknüpfungspunkt und Vorbild für die endlich 1962 begründete Universität kann sie heute wieder dienen.
Die Oberpfalz hat „in jedem Fach der Gelehrsamkeit Wunderbares geleistet“ urteilt der Historiker und kurfürstliche Hofbibliothekar A. F. Oefele - kein Oberpfälzer - 1763 (als Regensburg noch nicht zur Oberpfalz gehörte) und der Landshuter Professor Johann Georg Feßmeier bestätigt ihr 1799, sie sei „das Mutterland größter Geister“.66 Leider weist die Wissenschaftsgeschichte der Oberpfalz schon wegen der großen Verluste in und nach der Pfälzer Säkularisation des 16. Jahrhunderts noch große Forschungslücken auf. Auch hier waren zunächst die Klöster Zentren wissenschaftlichen Bemühens. Die vom Benediktinerkloster Kastl ausgehende späteste der großen Reformbewegungen dieses Ordens hatte um 1400 die Erneuerung früherer benediktinischer Gelehrsamkeit zum Ziel und erfasste bis zur Reformation etwa 30 Klöster vor allem in Nordbayern. Als erstes Kloster schloss sich Reichenbach dieser Reform an; es entwickelte sich im 15. Jahrhundert zu einer herausragenden Pflegestätte der Astronomie und Geographie. Nicht umsonst ist dort die Grabinschrift des Pfalzgrafen Otto I. von Pfalz-Mosbach (gestorben 1461) auch griechisch und hebräisch abgefasst, was die frühhumanistische Kulturblüte im Kloster bezeugt. Nach der hundertjährigen Unterbrechung des monastischen Lebens der Oberpfalz von 1563 bis 1661/69 kam die Wissenschaft besonders in Ensdorf zur Blüte, wo der Pater und spätere Abt Anselm Desing (1699-1774) als umfassend gebildeter Polyhistor und Wegbereiter katholischer Aufklärung in Süddeutschland eine Fülle weitverbreiteter Lehrbücher aus den unterschiedlichsten Wissensgebieten veröffentlichte.67
Die weltliche Wissenschaftspflege bündelte sich in der Pfälzer Zeit in Amberg, das aber dann unter bayerischer Herrschaft viel an wissenschaftlicher Eigenständigkeit verlor.68 In der Regierungszeit Christian Augusts wurde dafür Sulzbach zu einem Mittelpunkt geistigen Lebens und höfischer Gelehrsamkeit vor allem in der Hebraistik mit Verbindungen und Ausstrahlung bis nach Holland und England. Überhaupt hat die Oberpfalz mit den Offizinen in Sulzbach, mit der Buchdruckerei Koch in Amberg und schließlich den drei großen Verlags- und Druckereiunternehmen Regensburgs, Pustet, Manz und Habbel, eine große Strahlkraft auch wissenschaftlicher Publikation entwickelt.
Zur bayerischen Landesgeschichte haben gerade die Oberpfälzer Michael Doeberl aus Waldsassen, Karl Alexander von Müller aus einer Neunburger Familie und Karl Bosl aus Cham mit die entscheidenden Beiträge geliefert. Und was wäre die deutsche und besonders die bayerische Sprachforschung ohne Johann Andreas Schmeller aus Tirschenreuth?
Die Oberpfalz und Regensburg haben durch Jahrhunderte auch ohne die fokussierende Kraft einer Universität bedeutende Beiträge zur Geistesgeschichte Deutschlands und Mitteleuropas geleistet. Die Universität Regensburg und die Hochschulen für Angewandte Wissenschaft Regensburg und Amberg-Weiden können hier auf einer alten Tradition besonders des naturwissenschaftlichen Suchens und Findens aufbauen. Anders als vielfach die Oberpfälzer Klöster und ihre gelehrten Patres müssen sie sich die Freiheit des Forschens und Lehrens nicht erst erkämpfen.
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Die große Montanzeit der Oberpfalz war schon vor dem Dreißigjährigen Krieg zu Ende. Dieser nahm ihr dann aber den Rest. Durch Krieg, Pest und konfessionelle Vertreibung verloren die Erzgruben und Eisenhämmer ihre angestammte Belegschaft; die Absatzmärkte wurden von anderen, vom Krieg weniger betroffenen Montanregionen wie der Steiermark übernommen. Nach dem Krieg bestand wohl nur noch etwa ein Drittel der Eisen- und Blechhämmer.70 Nach und nach erholte sich diese Kernindustrie der Oberpfalz wieder etwas. Ab 1693 wurden in Bodenwöhr und Fichtelberg, ab 1714 in Weiherhammer moderne Hochöfen errichtet und überwiegend auch auf dem Stand der Technik gehalten. Der Ertrag blieb aber bescheiden: Wenn früher bis 25% der Bevölkerung unmittelbar oder mittelbar vom Eisen lebten, so waren es 1801 nur noch 3%; Eisen musste aus Böhmen eingeführt werden. Wenn früher 10—15% der europäischen Eisenproduktion von der Oberpfalz gestellt wurde, machte der Stahlausstoß der Max- und der Luitpoldhütte - hier sei etwas vorgegriffen - 1913 nur noch etwa 1% der Gesamtproduktion Deutschlands aus.71
Im Wesentlichen war — auf Ausnahmen wird noch einzugehen sein — die Oberpfalz daher vom 17. bis zum 19. Jahrhundert auf die Landwirtschaft zurückgeworfen, die wegen der meist schlechten Böden nur eine geringe Erwerbsgrundlage bot. Noch 1852 mussten 72% der Bevölkerung von dieser kargen Landwirtschaft leben.72 In der „Bavaria“, der groß angelegten Bestandsaufnahme zur Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern unter Maximilian II. aus dem Jahre 1863, ist dazu ausgeführt: „Die Oberpfälzer Bauernschaft besteht vorwiegend aus Köhlern und Kleinhäuslern. Die Dorffluren haben durchschnittlich ein geringes Ausmaß ertragfähigen Bodens und das meist kalte, steinige Erdreich lohnt die Arbeit nur kärglich“. Und: Der Bauer sei herabgekommen „zum furchtsamen schüchternen Bäuerlein, zum „Tropfhäusler“.73 Produziert wurde nur zu knapp 12% Weizen, zu 40% aber Hafer mit seinem bescheidenen Ertrag von weniger als der Hälfte.74 Wegen der geringen Erträge müssen „Kartoffeln an die Stelle des Getreides treten und bilden einen wesentlichen Teil der Nahrung“. Hier sind die gängigen Begriffe für die Oberpfalz als „Kartoffelpfalz“ und „Steinpfalz“ vorgegeben. Die Regierung in Amberg hatte schon 1763 nach München geschrieben, dass Kurbayern im Vergleich zur Oberen Pfalz „von Milch und Honig überfließe“.75 Zwei Klosterbrüder, die aus Niederbayern zwangsversetzt wurden, wanderten - in Georg Queris „Kapuziner“ - „aus dem Lande Kanaan in die Wüsteneien der Oberen- oder Kartoffelpfalz“.76 Krisenzeiten wie die Teuerungs- und Hungerjahre 1816/17 oder die Jahre der Kartoffelfäule und schlechter Ernten 1844/46 und 1853-55 trafen die ländliche Bevölkerung der Oberpfalz besonders hart; die Oberpfalz wurde zum Armenhaus Bayerns. „Harte rastlose Arbeit und Entbehrungen verkürzen dem Oberpfälzer die Blütezeit des Lebens auf unbillige Weise“ heißt es in der „Bavaria“77 und Schönwerth berichtet: „Tag und Nacht arbeiten, schlecht sich nähren und dabey zufrieden seyn, ist Grundzug Oberpfälzischen Lebens“78.
Zwei Angaben zeigen den Durchhaltewillen und die Zähigkeit Oberpfälzer Bauernfamilien trotz ungünstigster Lebensverhältnisse: Die Oberpfalz hatte neben dem wesentlich besser gestellten Niederbayern die geringste Selbstmordrate in Bayern79. In den Jahren der großen Auswanderungswellen lag die Auswanderungsquote (in Länder außerhalb Bayerns) gerade bei der Hälfte des bayerischen Durchschnitts.80 Dass nicht die Gunst der Verhältnisse sondern die Heimatgebundenheit und Hartschädeligkeit der Oberpfälzer hier den Ausschlag gab, zeigt die mit Abstand geringste Einwanderungsquote aller Regierungsbezirke: In den Jahren 1851—56 fielen im Schnitt auf 920 Auswanderer gerade mal 10 Einwanderer.81 Die Oberpfalz war damals für einen Zuzug ohne jeden Reiz. Bis zum Ersten Weltkrieg musste der ländliche Raum der Oberpfalz einen ungeheuren Aderlass hinnehmen: Er verlor bei einer Gesamtbevölkerung von rd. 480000 über 100000 Einwohner, also mehr als ein Fünftel seiner Bevölkerung82. Die relativ heimatnahe Binnenwanderung hatte auch Regensburg, ganz überwiegend aber München und Nürnberg zum Ziel, wo noch heute zahlreiche lebendige Oberpfalz-Vereine die Erinnerung an die alte Heimat wach halten.
Mit einem Anteil bäuerlicher Bevölkerung von über zwei Dritteln prägte damals die Landwirtschaft sehr stark das Gesamtbild der Oberpfalz. Will man aber Entwicklungslinien aufzeigen, sind die gewerblichen Ansätze des 19. Jahrhunderts von Interesse83, auch wenn sie die wirtschaftliche Gesamtlage nicht entscheidend verbesserten und meistens nicht bis in unsere Zeit hineinreichten. Als der belgische Ingenieur Télemaque Michiels im Auftrag der königlichen Regierung die seit 1846 abgebauten Braunkohlevorkommen im Sauforst östlich von Burglengenfeld untersuchte, berichtete er, dass es ein „Land der Wölfe und der Wilden, aber gut geeignet für die Herstellung von Stahl und Eisen“84 sei. Aus dieser Untersuchung entstand zunächst ab 1851 die Maxhütte bei Haidhof und später dann die bei Sulzbach-Rosenberg; beide waren lange Zeit besonders durch die Produktion von Eisenbahnschienen ausgelastet. Die 200 Arbeiter, die 1851/52 aus den umliegenden Gemeinden angeworben wurden, mussten erst große Anfangsschwierigkeiten und –Unzufriedenheiten überwinden, bevor die neue Eisenwerkertradition begründet werden konnte. An sie wurde noch einmal beim Nordgautag 2002 in Maxhütte-Haidhof erinnert.85 Rund 150 Jahre währte die neuere Stahlperiode in der Oberpfalz. 1987 wurde als letzte Erzgrube „Leonie neu“ in Auerbach letztmals befahren und am 23. September 2002 kam es zum letzten traurigen Hochofenabstich in der Maxhütte Sulzbach-Rosenberg. Dieses beeindruckende Industriedenkmal wartet auf eine Verwendung. Das Rohrwerk der Maxhütte und die Gießerei Luitpoldhütte sind jetzt die letzten größeren Stahlunternehmen der Oberpfalz.
Ein interessantes Lehrstück bietet die Entwicklung des, meist als bäuerlicher Nebenerwerb betriebenen, Textilgewerbes in der nördlichen und östlichen Oberpfalz.86 Um 1770 war hier eine höhere Dichte an Leinewebern, Tuchmachern und Strumpfwirkern festzustellen als in den nieder- und oberbayerischen Rentamtsbezirken. Die im Jahr der französischen Revolution, 1789, gezählten 2 480 Leineweber saßen meist auf kleinen bäuerlichen Anwesen und bildeten in ihrer Gesamtheit eine große verteilte Manufaktur, was sich dann Unternehmerpersönlichkeiten wie Reinhard und Stöckel in Weiden zunutze machten. Als aber um 1830 die ersten mechanischen Spinnmaschinen aus England installiert wurden, als deren Anschaffung z. B. in Preußen von Staats wegen gefördert wurde, als der Zollverein Schutzzölle innerhalb Deutschlands ausschloss und als dazu noch die Baumwolle aufkam, war diese Art handwerklich-bäuerlicher Textilherstellung nicht mehr konkurrenzfähig, sie habe „der den Markt überschwemmenden Fabrik-Industrie weichen müssen“, berichtet die „Bavaria“.87 Es fehlte an Mut und Kapital für eine grundlegende Umstrukturierung. Bei der Münchner Industrieausstellung von 1834 war die nördliche Oberpfalz so gut wie nicht vertreten.
Weit länger hielt sich hier die Glas- und Porzellanherstellung88, schon deshalb, weil die notwendigen Rohstoffe, Quarzsand und Feldspat, und dann - 1830 entdeckt - besonders die weiße Porzellanerde, Kaolin, vor Ort vorhanden waren. Gerade Weiden, das im 19. Jahrhundert das stärkste prozentuale Wachstum aller Städte Bayerns verzeichnen durfte, konnte sich zusammen mit dem Eisenbahnbetrieb und dem Textilwesen zu einem gewerblichen Zentrum der nördlichen Oberpfalz entwickeln. Auf die Glas- und Spiegelschleifen wurde bereits eingegangen. Auch dieser eine Zeit lang einträgliche Gewerbezweig fand aber sein Ende, als die Wasserkraft der Oberpfälzer Flüsse durch den massiven Maschineneinsatz in Großbetrieben ersetzt wurde.
Insgesamt kommt man zur Erkenntnis, dass die Oberpfalz besonders wegen ihrer sehr traditionsgebundenen bäuerlich-handwerklichen Struktur, wegen des Mangels an Investivkapital und weitgehend ohne „proaktive“ Wirtschaftspolitik des Königreichs Bayern die Phase der frühen Industrialisierung verschlafen hat, verschlafen musste89. Noch 1946 lag der Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung bei 44%. Diese Strukturprobleme spiegelt auch die Bevölkerungsentwicklung wider: In den rund 100 Jahren von 1818 bis 1925 verdoppelte sich die Bevölkerung Bayerns auf 7,5 Mio. Einwohner, während das Wachstum der Oberpfalz auf 60% beschränkt blieb. Der Anteil der Oberpfälzer an den Bewohnern Bayerns sank von knapp 11% auf rd. 8,5%. Dabei ist es mit einigen Schwankungen im Wesentlichen bis heute geblieben.
Auf Regensburg fiel in der „armen Zeit“ mit dem Immerwährenden Reichstag und dem Zuzug des Fürsten von Thurn und Taxis als Prinzipalkommissär wenigstens noch ein Abendschein des Heiligen Römischen Reiches. „Abbeißen“ konnte die Reichsstadt wirtschaftlich davon nur recht wenig. Viele Reichstagsgesandte waren so schlecht besoldet, dass sie ihr Salär mit Warenhandel aus dem Diplomatengepäck aufbessern mussten, sehr zum Leidwesen der hiesigen Kaufmannschaft90. Der Auszug der letzten Gesandten ab 1803 traf gleichwohl die arme alte Stadt noch schwer, reduzierte ihre Leistungskraft weiter91. Mit dem Übergang Regensburgs an Bayern und dem Einzug der Regierung des Regenkreises am 16. Dezember 1810 gewann Regensburg erstmals nach vielen hundert Jahren wieder eine gewisse regionale Zentralität zurück. Auch die fortwährenden kleinkarierten Rangeleien zwischen der Reichsstadt und dem umliegenden Bayern fanden damit ein Ende.
Wirtschaftlich änderte sich aber unter der bayerischen Fahne noch wenig. Die Stadt war eine Stadt des Klerus und der Beamten, eine Schul- und Hochschulstadt mit Ausstrahlung und Ansaugkraft in das gesamte Umland hinein, eine Stadt großer Verlage92, hatte 39 Brauereien93, war Hafen- und Werftstadt. Sie war aber keine Stadt innovativer frühindustrieller Produktion und Entwicklung. So gingen die Anfänge des Industriezeitalters und die Gründerzeit wirtschaftlich weitgehend an Regensburg und damit auch an seinem Umland vorbei. Größter Arbeitgeber war bis etwa 1850 das fürstliche Haus Thurn und Taxis, damals nicht gerade ein Hort der Innovation. Dann kam die Bleistiftfabrik Rehbach im Deutschordens-Haus der heutigen Regierung. Von der Gewehrfabrikation der Fa. Kuchenreuter in Stadtamhof berichtet die „Bavaria“ immerhin, dass sie sich Weltruhm erworben habe, weil ihre Produkte „das Gepräge vollendeter Präzision und eines unserer Zeit fast entrückten Fleißes“ trügen.94 Während Regensburg aber zwischen 1818 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs nur um rund 35 000 Einwohner und damit am wenigsten von allen bayerischen Großstädten zunahm, waren es bei etwa gleichem Ausgangspunkt in Nürnberg fast 300 00095, wovon ein großer Teil aus der Oberpfalz stammte. In der früher reichen Handelsstadt Regensburg wurde die Phase früher Industrialisierung verschlafen.
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Ob die alte Tradition eines konfessionellen Pluralismus, die die Oberpfalz einst von Kern-Altbayern unterschied, heute noch spürbar ist, muss eher offen bleiben. Es ist aber der Mühe wert, sich diese Tradition wieder bewusst zu machen. Gegenfrage: Hat nicht gerade ihr bodenständiger, traditionsbehafteter Katholizismus die Oberpfalz und Regensburg davor bewahrt, Adolf Hitler zu der Zeit zu wählen, als man noch frei oder einigermaßen frei wählen konnte?
Zunächst die Fakten: Nennenswerte nationalsozialistische Aktivitäten entfalteten sich in der Oberpfalz zunächst in Amberg, wo im Oktober 1922 die erste NS-Ortsgruppe gegründet und von wo aus auch die Gründung einer Ortsgruppe in Regensburg betrieben wurde.96 Bei der ersten Reichstagswahl, in der die Partei eine spürbare Rolle spielte, erhielt sie in Regensburg 4.1% der Stimmen, weit weniger als im bayerischen Durchschnitt (6.8%); im 1929 gewählten Stadtrat erreichte sie ein einziges Mandat.97 Wie überall waren die ersten größeren Erfolge der Partei der Weltwirtschaftskrise und der in deren Folge anschwellenden Arbeitslosigkeit geschuldet; in Regensburg war jeder dritte Arbeitnehmer erwerbslos gemeldet.98 Obwohl die Arbeitslosigkeit in der Oberpfalz weit über dem Durchschnitt lag, blieben hier die Erfolge der NSDAP doch weit hinter dem bayerischen und dem deutschen Durchschnitt zurück. In der Reichstagswahl mit dem höchsten Stimmenanteil der Partei vor 1933, nämlich der Wahl vom 31. Juli 1932, erhielt die NSDAP im Deutschen Reich 37.2%, in Bayern 32.9%, in der Oberpfalz 19.7% und in Regensburg 20.1%.99 Nachdem die Reichstagswahl vom 6. November 1932, die letzte vor Hitlers Ernennung zum Reichskanzler, überall einen Rückschlag für die NSDAP (in der Oberpfalz auf 17%) gebracht hatte, war die Wahl vom 5. März 1933 schon vom Kanzlerbonus Adolf Hitlers und von zahllosen Pressionen vor allem gegen die KPD, aber auch gegen die SPD und die Bayerische Volkspartei (BVP) überschattet. Der „Einbruch ins katholische Land“ und die Verdoppelung der Stimmen für die NSDAP in der Oberpfalz wird vor allem darauf zurückgeführt, dass mit der Ernennung Hitlers durch den - zweimal mit Unterstützung der BVP gewählten - Reichspräsidenten Hindenburg in der autoritätstreuen katholischen Bevölkerung ein erheblicher Vertrauenszuwachs verbunden war, ein höherer als bei den Städtern Regensburgs.100 Offenbar war auch ein Teil der Katholiken nicht mehr bereit, die an sich noch gültigen Vorbehalte der bayerischen Bischöfe gegenüber der NSDAP zu teilen. Auch hatte Kardinal Faulhaber kurz vorher noch, am 10. Februar 1933, in seinem Fastenhirtenbrief bei allen Bedenken gegenüber dem Nationalsozialismus besonders nachdrücklich an die Pflicht des Gehorsams gegenüber der Obrigkeit erinnert: „In allen Staatsformen ist die Obrigkeit des Staates von Gott angeordnet, auch wenn ein Pilatus oder Nero auf dem Throne sitzt.“101
Auch wenn daher der Zuwachs für die Partei hoch war, blieb er doch mit 34% in der Oberpfalz und mit nur 30.6% in Regensburg weit hinter dem deutschen (43.9%) und dem bayerischen (43.1%) Schnitt zurück.102 In Regensburg gingen damals 89% der Bürger zur Wahl! Dass Regensburg „zum Kraft- und Strahlungszentrum der Bewegung für sein geistig-politisch schwer zu durchdringendes Hinterland“ geworden sei - wie noch 1941 verlautete103 - ist unrichtig. Weit eher trifft die Wertung des Regensburger Oberbürgermeisters Schottenheim zu, dass Regensburg wieder gut machen müsse, was es am 5. März 1933 verfehlt habe, als es als einzige Stadt Bayerns den Nationalsozialismus abgelehnt hat.104 Von der Konfessionszugehörigkeit her betrachtet, haben stark katholisch geprägte Wahlbezirke wie Unterfranken und die Oberpfalz die stärkste Resistenz gegenüber den Verlockungen des Nationalsozialismus gezeigt; wie im Wahlkreis Köln-Aachen waren hier die wenigsten Stimmen für die NSDAP zu holen.105 Der Oberpfälzer Regierungspräsident und SS-Gruppenführer Freiherr von Holzschuher meinte dazu 1938, der Katholizismus sei hier - in der Oberpfalz - „fester gefügt, gefährlicher und unverschämter wie (sic!) in irgendeiner anderen katholischen Gegend“.106 Die „Verfassungsparteien“ BVP und SPD konnten sich auch in den Städten der Oberpfalz - mit Ausnahme von Cham - auf eine klare absolute Mehrheit, meist um die 60% stützen.107 Die Bürger der Oberpfalz stimmten also, auch als Hitler schon Reichskanzler war, bei fast 90%iger Wahlbeteiligung noch klar für die Weimarer Republik, also für die Demokratie, und erteilten dem Totalitarismus der NSDAP eine Absage.
Hier an das bereits angeschlagene Thema Toleranz anzuknüpfen, fällt etwas schwer. In der Oberpfalz erwies sich - trotz manchen politischen Mitverschuldens - der politische Katholizismus mit dem Ministerpräsidenten und Regensburger Bürger Heinrich Held an der Spitze als stärkstes Bollwerk gegen den Nationalsozialismus; so wurde er auch von diesem gesehen und bekämpft. Oberbürgermeister Otto Hipp von der BVP und auch der parteilose Regierungspräsident Karl Wirschinger leisteten bis zu ihrer frühzeitigen Abberufung standhaften, dem Rechtsstaat verpflichteten Widerstand.108 In diesen Zeiten der Polarisierung ging Grundsatzfestigkeit vor Toleranz. Die liberalen Parteien wie die Deutsche Demokratische Partei Theodor Heuss’ wurden am schnellsten, schon vor 1930, zerrieben. Das Wort Freiheit war vor allem von der NSDAP usurpiert und auch im Kampf um das katholische Bollwerk Regensburg missbraucht worden, z. B. in der „Regensburger Freiheitskundgebung“ vom 17./18. Mai 1930. Deren zweiter Tag begann mit einer Messe im Dom, bei der der Hochaltar von den Fahnen und Standarten der Bewegung umstellt war, letzteres ohne vorherige Zustimmung der Kirche.109 Die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler wurde auch mit den Worten gefeiert: „Ein großer Zeitabschnitt in der Geschichte der deutschen Freiheitsbewegung ist aufgerichtet“.110
Es wäre sicher falsch, die Oberpfalz wegen ihrer standhaften Wahlergebnisse bis zum März 1933 von der Unterstützung des Nationalsozialismus freizusprechen. Schon in der keineswegs mehr freien Wahl vom November 1933 erhielt auch hier die NSDAP über 90% der Stimmen. Die Autorität „der Partei“ war bei der großen Mehrheit der Bevölkerung an die Stelle der kirchlichen Autorität getreten. Oberpfälzer Heimatdichter veröffentlichten Lobeshymnen auf den Führer. Rund 800 Juden und etwa genau so viel Kranke und Behinderte aus Karthaus-Prüll und Reichenbach wurden umgebracht. Regierungspräsident Holzschuher betrieb die Einrichtung eines KZ in Flossenbürg, das mit seinen vielen Außenstellen zur Schaltzentrale eines riesigen KZ-Systems wurde. Hier wurden auch von Oberpfälzern andere Menschen erniedrigt, gequält und getötet. Der Terror fand in Regensburg seinen bitteren Schlusspunkt am 24. April 1945, als Domprediger Johann Maier und Josef Zirkl kurz vor dem Einzug der Amerikaner gehängt wurden. Von einem Rettungsversuch Bischof Buchbergers und des Domkapitels ist nichts bekannt.111
Es bleibt trotz allem ein Verdienst der Oberpfälzer und vor allem der Oberpfälzerinnen, der Versuchung des Nationalsozialismus in einer Zeit, als man noch wählen konnte, wählen durfte, und in einer Region, die ganz besonders unter der Arbeitslosigkeit litt, widerstanden zu haben und auch noch später — etwa bei den Protestaktionen gegen den Kruzifixerlass vom 23. April 1941 — für den Glauben öffentlich eingetreten zu sein.112 Diese Tradition des Widerstandes gegen den Totalitarismus ist es wert, bewahrt zu werden.
Die Antwort auf die Frage aber, ob man daraus die Sicherheit schöpfen kann, dass unsere Region auch in Zukunft gegen Totalitarismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit gefeit ist, fällt nicht leicht. Regensburg ist heute keineswegs mehr „die zeitfernste aller deutschen Städte — ohne alle Verbindung mit der Gegenwart“ — wie sie der jüdische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Viktor Klemperer 1917 bezeichnet hat113. Das damals lange Zeit wirksame Bollwerk des politischen Katholizismus mit starker Affinität zur Monarchie hält heute nicht mehr. Regensburg und die Oberpfalz haben aber durch ihre Hochschulen und durch ihre global operierenden Großfirmen und Mittelständler an Internationalität und Weltläufigkeit gewonnen. Neben einem weltoffenen christlichen Glauben kann dies ein wirksames Mittel gegen nationalistische Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit sein.
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Gemeinhin wird der wirtschaftliche Neustart in Deutschland in etwa mit der Währungsreform vom 21. Juni 1948 gleichgesetzt. Die Marktkräfte funktionierten wieder, der Wiederaufbau hatte gerade zögernd begonnen, das Wirtschaftswunder ließ nicht mehr lange auf sich warten. Das gilt im Grundsatz auch für die Oberpfalz. In Regensburg hatte der Flugzeugbau bei Messerschmidt, der modernste Technologie in die Stadt gebracht hatte, zwar ein Ende gefunden, die Menschen mit ihren erworbenen Erfahrungen und Fertigkeiten blieben aber. An vielen Orten der Oberpfalz konnten Heimatvertriebene ihre Leistungsbereitschaft und ihr Können in neue Impulse für die Oberpfälzer Wirtschaft umsetzen. Insgesamt blieb es aber zunächst bei den alten Strukturen der Vorkriegszeit; die Bodenschätze der Region wurden in fünf Stahlwerken und in den Unternehmen der Glas-, Keramik- und Porzellanindustrie in der nördlichen und östlichen Oberpfalz verwertet. Unterbunden waren aber für 40 Jahre der fruchtbare wirtschaftliche Austausch und die damit verbundenen Synergien mit Westböhmen, Sachsen und Thüringen.
Die Startschwierigkeiten Bayerns, eines damals in der industriellen Entwicklung stark hinterherhinkenden Landes, nach dem Krieg sind bekannt: Noch 1957 waren unter den 34 ärmsten Landkreisen der Bundesrepublik 32 bayerische114; das Bruttoinlandsprodukt der größeren Flächenländer lag nur in Niedersachsen etwas niedriger115; Bayern erreichte erst 1975 den Bundesdurchschnitt der Industriedichte und war noch bis 1986 (und noch einmal 1992) Empfängerland im Finanzausgleich. Grund war der „time lag“ der verspätet einsetzenden Industrialisierung. Was für Bayern in der Bundesrepublik galt, muss — die bisherigen Feststellungen weisen es aus — verstärkt für die Oberpfalz innerhalb Bayerns gelten. 1972 lag das Bruttoinlandsprodukt in der Bundesrepublik um 37%, in Bayern noch um 31% über dem Wert der Oberpfalz116. Inzwischen hat Bayern mit den lange Zeit stärksten Steigerungen die Spitze unter den Flächenländern erreicht, den deutschen Durchschnitt weit hinter sich gelassen und — auf dem 2. Platz hinter Luxemburg — den Schnitt im „Europa der 15“ um 23% übertroffen; die Oberpfalz liegt aber nur um rd. 10% hinter Bayern und — rechnet man die Region München heraus — sogar besser als der bayerische Durchschnitt117. Dass sie nicht nur am wirtschaftlichen Aufschwung Bayerns teilgenommen sondern sich innerhalb Bayerns hochgearbeitet hat, lässt sich an folgenden Zahlen ablesen: Die Wirtschaftsleistung pro Kopf stieg seit 1997 um fast 40%, in Bayern um 34%, in Deutschland um 26%. Das verfügbare Einkommen ist in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als in Bayern, auch die Beschäftigungslage hat sich recht günstig entwickelt: Der Abstand zum bayerischen Durchschnittswert — 1991 noch 2.3 Prozentpunkte — hat sich im Mai 2010 sogar zum Positiven gewendet: Die Oberpfalz hat mit 4.0% den bayerischen Durchschnitt von 4.2% sogar unterboten.118 Dass der Strukturwandel jetzt — mit einiger Verspätung — gelungen ist, zeigt z. B. auch der Anteil der Beschäftigten in wachstumsstarken Industriebranchen (Oberpfalz 7.3, Bayern 6.6, Bund 5.1%). Insgesamt also ein erfreuliches, Mut machendes Gesamtbild, allerdings etwas eingetrübt durch das doch noch recht deutliche Gefälle innerhalb der Oberpfalz119. Der Raum Regensburg, insgesamt der Süden des Regierungsbezirks und die Randgebiete zur Region Nürnberg sind deutlich besser gestellt. Die Oberpfalz nimmt insoweit am allgemeinen Gefälle Nord-Süd und West-Ost in Bayern teil. Die Unterschiede sind seit 1991, also etwa seit dem Ende des Eisernen Vorhangs, leider noch größer geworden, allerdings auf hohem Niveau. Die Arbeitslosenquote ist selbst im Agenturbezirk Weiden mit 5.3% niedriger als in allen Bundesländern mit Ausnahme von Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz und auch das Sozialprodukt liegt um einiges über dem deutschen Durchschnitt120. Natürlich kann die gesamte Oberpfalz auf das „Zugpferd“ Regensburg nicht verzichten.
Die Oberpfalz hat also nach ihren, noch nach dem 2. Weltkrieg anhaltenden „armen Zeiten“ stark aufgeholt, nicht nur in Deutschland sondern auch innerhalb Bayerns. Initialzündungen waren im Raum Regensburg die Ansiedlung von Siemens 1949 und 1959 und von BMW ab 1983; daneben haben Mittelständler aus dem Handwerk, wie z. B. Krones in Neutraubling oder die Maschinenfabrik Reinhausen Firmen von Weltgeltung aufgebaut oder grundlegend ausgebaut. Entscheidend hat aber seit 1967 die mit fast 500 Jahren Verspätung gegründete Universität zum Aufstieg Regensburgs beigetragen, sowohl als akademische Ausbildungsstätte für die Bildungsreserven Ostbayerns wie als Anziehungspunkt für hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte. Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften deckt seit fast 40 Jahren den gerade für die Oberpfalz typischen Bedarf an praxisnaher Ausbildung und jetzt auch an praxisnaher Forschung.
Der verzögerte Strukturwandel in der nördlichen Oberpfalz ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Industriezweige, die dort auf heimische Rohstoffe zurückgreifen konnten, wie die Stahlproduktion oder die Glas- und Porzellanherstellung, diese ursprüngliche Standortgunst auch dann noch auswerten wollten, als ihre Stunde auf dem Weltmarkt schon geschlagen hatte. Die notwendige Umstellung auf zukunftsfähigere Strukturen hat sich damit zu lange hinausgezögert. Inzwischen hat sich — unterstützt von der Hochschule Amberg-Weiden — auch die Wirtschaft in der nördlichen Oberpfalz erfolgreich neu aufgestellt. Selbst in traditionellen Branchen wie der Glas-, Keramik- und Porzellanindustrie ist es inzwischen einem Kern innovationsbereiter Unternehmen dank intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit und Erschließung neuer Anwendungsmöglichkeiten gelungen, sich völlig neu mit guten Chancen auf dem Weltmarkt zu formieren. Große Solarkraftwerke in aller Welt arbeiten mit Glas aus Weiherhammer (Pilkington), mit Spiegeln aus Furth im Wald (FLABEG) und Kollektorröhren aus Mitterteich (Schott-Rohrglas); im höchsten Hotel der Welt, in Dubai, wird Geschirr aus Weiden (Bauscher) aufgedeckt. Eine breite Palette hochtechnischer Spitzenprodukte: Straßenwalzen der Extraklasse aus Tirschenreuth (Hamm), hochwertigste Getriebe für die Formel 1 aus Mitterteich (Hör) oder IT-gesteuerte Hochlager aus Parkstein (WITRON) haben sich mit ihrer Spitzentechnologie auf dem Weltmarkt gut positioniert.
Über die Gründe für den verspäteten aber dann besonders rasanten Aufstieg Bayerns etwa ab 1970 ist viel geschrieben worden121. Eine von Heimatvertriebenen und Übersiedlern aus der sowjetischen Besatzungszone „importierte“ Industrialisierung wird genannt, später fortgesetzt mit der Übersiedlung von Betrieben und Fachkräften aus der ehemaligen DDR. Auf den fehlenden Ballast durch veraltete Grundstoffindustrien, auf die frühe Substituierung der Kohle durch Erdöl und Atomenergie, auf eine ausgeprägte mittelständisch-handwerkliche Grundstruktur und auf eine besonders konsequente staatliche Förderpolitik wird verwiesen, wobei auch immer Gegengründe aufgeführt werden. Unbestritten ist aber, dass der besondere „kulturelle Code“ Bayerns, der auf einem eigenständigen historischen Bewusstsein und einer gesunden Mischung von Bodenständigkeit und Innovationsbereitschaft beruht, eine entscheidende Rolle gespielt hat122.
Viele dieser Gesichtspunkte gelten, teilweise sogar verstärkt, auch für die Oberpfalz, jedoch fallen zwei retardierende Merkmale ins Gewicht: Der Eiserne Vorhang, der auf 198 km Länge die Oberpfalz von ihren alten Partnern in Westböhmen abgeschottet hat, und die schon deshalb schlechte Verkehrsanbindung des Grenzlands Oberpfalz. Diese Entwicklungshemmnisse sind nun entfallen. Es kommt für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auch nicht mehr entscheidend auf eigene Bodenschätze oder auf gute Böden für die Landwirtschaft an, es kommt auf die Oberpfälzer selbst an. Einem früheren Regierungspräsidenten sei nachgesehen, dass er hier die alten, bewährten, sich auch heute bewährenden Tugenden der Oberpfälzer herausstellt.
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„Das größte Kapital der Oberpfalz sind die Oberpfälzer“ hat kürzlich der Personalchef eines bedeutenden Oberpfälzer Betriebs geäußert — selbstverständlich hat er Recht. In den armen Zeiten der Oberpfalz ist immer wieder - von Schönwerth 1857, in der „Bavaria“ von 1863 und auch in den Physikatsberichten der Amtsärzte aus den Jahren 1858—61 — die Genügsamkeit und Zufriedenheit der Oberpfälzer trotz harter Arbeit hervorgehoben worden123. Auch bei wesentlich verbesserten Lebensverhältnissen ist davon immer noch eine Grundbereitschaft „hinzulangen“ geblieben, wenn es auch vielleicht nicht mehr die „unermüdete Aemsigkeit“ oder ein „unserer Zeit fast entrückter Fleiß“ ist, der die Oberpfälzer heute umtreibt124. Eine immer noch hohe Frustrationstoleranz äußert sich in der Bereitschaft, entferntere Arbeitsplätze in Kauf zu nehmen: „Ein hervorstechender Zug des Oberpfälzers ist seine Neigung des Wanderns, um Arbeit und Anstellung zu suchen“, heißt es bei Schönwerth125. Dieser Kronzeuge für die Verhältnisse in der alten Oberpfalz bestätigt dem Oberpfälzer angeborene Treue. Das kann sich in Heimattreue, in Treue zu angestammter Autorität, aber auch in starker Betriebsbindung, in geringer Fluktuation und in geringen Krankheitsausfällen äußern — auch das immer noch ein starker Pluspunkt Oberpfälzer Betriebe. Selbstverständlich bestätigt man gerne die Feststellung Schönwerths: „Der Oberpfälzer (ist) lernbegierig, faßt leicht, hat Ohr für Musik und Sprachen“126. Ein Indiz dafür ist heute, dass Oberpfälzer Schulen bei den bayernweiten Schulwettbewerben regelmäßig ganz vorne mit dabei sind. Die Bildungsreserven der Oberpfalz sind sicher noch nicht ausgeschöpft, bezeichnend ist aber die Stärke des praxisorientierten beruflichen Schulwesens: Der Anteil der Schüler ohne Abschluss liegt hier ebenso weit unter dem bayerischen Durchschnitt wie der Anteil der Absolventen der Fach- und Berufsoberschulen mit Hochschulreife darüber liegt127. Das „Ohr für Musik“ kann angesichts des großen Engagements für Musik aller Art — und auch des Klangreichtums der oberpfälzischen, nordbairischen Sprache — nur bestätigt werden; das „Ohr für Sprachen“ sollte aber besonders an den Gymnasien noch mehr zum Lernen unserer Nachbarsprache, des Tschechischen, und damit zu intensiverer Begegnung mit Wirtschaft und Kultur in Böhmen eingesetzt werden128. (Der von Schönwerth gepriesenen Schönheit der Oberpfälzer Männer mit ihrem „hohen und schlanken Wuchs“ soll hier nicht allzu viel Gewicht beigemessen werden, zumal das Regiment Junker, das „schönste im bayerischen Heere“ heute nicht mehr besteht.129)
Die klassischen Oberpfälzer Primärtugenden wie Fleiß und Betriebstreue sind auch heute noch in der Wirtschaft hoch geschätzt. Sie genügen aber nicht mehr im vielzitierten Übergang zur Wissensgesellschaft, genügen auch nicht in der weltweiten Konkurrenz, in der auch die Oberpfälzer Unternehmen nur mit intelligenter, innovativer Technik punkten können. Gefragt sind Selbständigkeit, Experimentierfreude, Kreativität. Zitate, die gerade diese Charakterzüge den Oberpfälzern bestätigen, stehen dem Autor aus dem 19. Jahrhundert nicht zur Verfügung. Sind diese „modernen“ Tugenden denn in der Oberpfalz zu erwarten, die doch noch 1963 von Karl Bosl als „eines der konservativsten Gebiete Deutschlands“, „als ein fast statisch noch in sich ruhendes Land“ bezeichnet wurde130? Im Spannungsfeld von Bodenständigkeit und Innovationsdrang war wohl lange die Traditions- und Autoritätsgläubigkeit der Oberpfälzer in der Vorhand131. Bodenständig sein muss und soll aber nicht heißen, im Tradierten, in eingefahrenen Denkmustern und gewohnten Abläufen „verhaftet“ zu bleiben. Das hat noch nie nachhaltig das Überleben gesichert. Die Oberpfälzer mussten sich gerade in den „armen Zeiten“ immer umtun, mussten findig sein, Unternehmungsgeist entwickeln, schauen, wie sie ihren Lebensunterhalt auf andere Weise, an anderem Ort verdienen konnten. Das galt vor allem in der kargen Landwirtschaft, die zum Überleben immer eigenverantwortliches Handeln erforderte, ständig zu eigenständigem Problemlosen zwang. Insoweit findet sich gerade in Oberpfälzer Unternehmen bei Mitarbeitern, die aus dem bäuerlichen Bereich stammen, oft mehr Bereitschaft zu selbständigem, unternehmerisch mitdenkendem Arbeiten. Der Erfolg vieler Oberpfälzer Unternehmen, die sich auf dem Weltmarkt mit neuen Ideen, neuen Entwicklungen durchgesetzt haben, zeigt, dass bei aller Bodenhaftung die Bereitschaft Neues zu denken und umzusetzen hoch entwickelt ist. Karl Bosls Aussage von 1963 gilt heute nicht mehr. Die Oberpfalz hat mit ihren Hochschulen und ihren vielen weltweit operierenden Unternehmen an die von ihm beschworene Weltoffenheit und geistige Beweglichkeit angeknüpft und behauptet sich in aller Welt132.
Diese für das wirtschaftliche Wohlergehen der Oberpfalz doch recht optimistische Feststellung legt unter dem Postulat der Ausgewogenheit von Bodenständigkeit und globaler Orientierung die Gegenfrage nahe, ob das Bewusstsein Oberpfälzer Identität, das Bekenntnis zur Geschichte der Oberpfalz, zur Oberpfälzer Heimat gegenüber einem egalisierenden Modernitätsdrang noch standhaften kann. Heimattreue ist ein besonderes Kennzeichen der Oberpfälzer; sie hat sich in den Hungerjahren des 18. Jahrhunderts bewährt und bewährt sich auch heute noch, z. B. in den vielen Oberpfalzvereinen Münchens und Nürnbergs. Sie bietet doch einige Gewähr dafür, dass gerade in unserer Region das notwendige Gleichgewicht zwischen Globalisierung und Regionalisierung, zwischen Weltoffenheit und Heimatgebundenheit bewahrt werden kann. Dafür sprechen in der Oberpfalz das weit überdurchschnittliche Engagement für die lokalen LEADER-Aktionsgruppen zur Landentwicklung133 und die Agendaprozesse in den Gemeinden. Gerade diese von Bürgern getragenen Initiativen zeigen, dass in der Oberpfalz eine starke Bereitschaft besteht, aus den Kräften der Region heraus selbstverantwortlich die Zukunft zu gestalten. Diese lebendigen, nicht verordneten Initiativen sollten nicht behindert werden. Nicht umsonst hat König Ludwig I. zum 1. Januar 1838 den anfangs nach französisch-rationalistischem Muster zugeschnittenen und nach Flüssen benannten Regierungsbezirken wieder ihre historischen Namen und damit ihre historische Identität zurückgegeben. Der damalige vierte Oberpfälzer Regierungspräsident, Eduard von Schenk, war daran maßgeblich beteiligt.
Das hat aber manche übertriebene Fremdbestimmung aus München nicht verhindern können. Karl Bosl hat zwar schon 1978 festgestellt, dass die Oberpfalz wieder ein lebendiges politisches Selbstbewusstsein entwickeln und damit an die lebendigen Pfälzer Zeiten mit ihrer selbstbewussten Standesvertretung anknüpfen konnte. Das Selbstbewusstsein ist aber nach wie vor nicht die stärkste Seite der Oberpfalz, die auch in den „Sturmesjahren“ der 1848er Revolution die „ruhigste Provinz“ Bayerns war134. Die Oberpfälzer neigen zur Bescheidenheit, hassen „Schreyen und Kreyschen“ und haben oft ihre Interessen in München nicht mit dem nötigen Nachdruck vertreten. Es ist daher auch eine Aufgabe des 2002 begründeten Regionalmarketings Oberpfalz e.V.135, die Oberpfälzer von der Stärke und Leistungskraft ihrer Wirtschaft und von den auf Natur und Kultur gleichermaßen gründenden Vorzügen ihres Lebensraums zu überzeugen - und das auch nach außen zu vertreten. Zu diesem Zwecke konstituierte sich im Mai 2010 der Oberpfalzrat, der die Städte und Landkreise, die Staatsverwaltung, die Wirtschaftskammern und Hochschulen und Vertreter der Oberpfälzer Wirtschaft zusammenführen soll. Sein Ziel ist es, das Netz zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung enger zu knüpfen und die Oberpfalz als Einheit darzustellen und zu vertreten — auch gegenüber zentrifugalen Tendenzen wie sie manchmal angesichts der Sogwirkung der Metropolregion Nürnberg und touristischer Separationsbestrebungen im Bayerischen Wald sichtbar werden.
Die Oberpfalz hat durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Aufhebung der Grenzen im vereinten Europa eine Position „in der Mitte Europas“ gewonnen, die sie als Grenzland noch nie hatte. Diese neu gewonnenen Chancen können nur dann in Zukunft umgesetzt werden, wenn es gelingt, zusammen vor allem mit den böhmischen Nachbarn zwischen den Metropolen zu einem grenzüberschreitenden Miteinander zu kommen. Ein bloßes Nebeneinander genügt nicht, um der Sogwirkung der Metropolen eigene Schwerkraft entgegenzusetzen.
Zu diesem Zweck wurde unmittelbar nach der Neugliederung Tschechiens, 2001, die lebendige und auch effiziente Regionalkooperation mit Westböhmen und Niederbayern gegründet136. Nach vielen Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit entwickelt sich jetzt die Tendenz, die Zusammenarbeit einerseits institutionell zu vertiefen und andererseits räumlich zu verbreitern. Vorarbeiten für eine Europaregion Donau-Moldau haben begonnen. Ob eine Europaregion, die bis vor die Tore Wiens reichen und zwei österreichische Bundesländer, drei tschechische Regionen und zwei bayerische Regierungsbezirke umfassen würde, in der Lage ist, einen synergetischen Mehrwert für die einzelnen Mitgliedsregionen zu entwickeln, muss erst eine weitere Analyse und Abklärung erweisen. Unstreitig ist, dass vor allem die Kooperation in Ostbayern und mit der wieder erstarkten Region Westböhmen von ganz vitaler Bedeutung für die Oberpfalz ist — heute ebenso wie vorher in vielen Jahrhunderten mehr oder weniger gemeinsamer Geschichte und mehr oder weniger friedlichen Zusammenlebens. Erst wenn die alte Grenze durch intensive regionale Zusammenarbeit in allen Lebensbereichen überbrückt ist, hat die Oberpfalz ihre historische Grenzlage überwunden, ist sie „in der Mitte Europas“ angekommen.
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1 Karl Bost, Oberpfalz und Oberpfälzer, Konrad Ackermann, Erich Lassleben (Hgg.),
Kallmünz 1978, S. 196
2 Harald G. Dill, Als Amberg noch am Rio Negro lag - Geologie und Bodenschätze prägen
eine Region, in: Festschrift zum 38. Bayerischen Nordgautag, Amberg 2009, S. 23ff.
3 Statistisches Jahrbuch des Freistaats Bayern (StJB) 2009, S. 207, 213, 362.
4 Karl Bosl (wie Anm.l), S. 232
5 Karl Bosl (wie Anm. 1), S. 197
6 Stefan Sandbichler, Neue Untersuchungen zum mittelkaiserzeitlichen Auxiliarkastell
Regensburg-Kumpftnühl, Bayerische Vorgeschichtsblätter 74 (2009), S. 39-130, 89.
7 Robert Schuh, Die Besiedelung der Oberpfalz im Spiegel der Ortsnamen, in: Festschrift
fiir Gustl Lang, Leben fiir die Heimat, Konrad Ackermann, Georg Girisch (Hgg.), Weiden
1989, S. 161.
8 Theodor Häussler, Der Bayerwein, Amberg 2001, S. 8 ff, 11.
9 Günther Moosbauer, Gabriele Sorge, Römische Funde im Barbaricum, Beiträge zur
Archäologie der Oberpfalz und in Regensburg 4 (2000), S. 301-320; Ernst Thomann,
Wissenschaftliches Interesse an römischen Funden aus der mittleren Oberpfalz, Oberpfälzer
Heimat, 48 (2004), S. 7 ff.
10 Karl Bosl (wie Anm. 1), S. 197; Wilhelm Volkert in: Handbuch der bayerischen Geschichte
(HBG), Bd. III. 3, 3. Auflage, München 1995, S. 7 ff; Bayern und Böhmen. 1500
Jahre Nachbarschaft, Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2007 in Zwiesel, Haus
der Bayerischen Geschichte (Hg.), 2007, S. 126 mit Karte.
11 Robert Schuh (wie Anm. 7), S. 168ff; dort auch Hans Schneider, S. 190ff.
12 ebda S. 183.
13 dazu be's. die Beiträge in:Treffen an der Grenze, 2. Böhmisch-Oberpfälzer Archivsymposium,
Usti nad Labern, 1997 und in: Bayern und Böhmen (wie Anm. 10), darin bes. die
Beiträge von Walter Koschmal, Miloslav Polivka und Detlev Brandes.
14 Andreas Kraus, Geschichte Bayerns, München, 32004, S. 46.
15 Bayern und Böhmen (wie Anm. 10), S. 118.
16 Maria Rita Sagstetter, Sulzbach im „neuböhmischen“ Territorium Kaiser Karls IV, in:
Eisenerz und Morgenglanz, Geschichte der Stadt Sulzbach-Rosenberg, Bd.l, Amberg
1999, S. 61—82; Bayern und Böhmen (wie Anm. 10), S. 131 ff. mit Karte.
17 Gesetz über die Gliederung der sudetendeutschen Gebiete vom 25.3.1939, RGBl I,
S. 745; Wilhelm Volkert, Handbuch der bayer. Ämter, Gemeinden und Gerichte, München
1983, S. 406.
18 U. List, Untersuchungen zum Transportwesen und den Transportwegen des Systems der
„Goldenen Straße“ zwischen dem mittelfränkischen und dem böhmischen Becken, seine
ökonomische Entwicklung und Bedeutung, in: Regensburger Beiträge zur Regionalgeographie
und Raumplanung, Band 11/ 2006, Kallmünz; Tourismusverband Ostbayern
e. V. Regensburg (Hrsg.): Die Goldene Straße in Ostbayern und Böhmen; Karl-Heinz
Preisser in:Treffen an der Grenze (wie Anm. 13), S. 59ff.
19 Hubert Emmerig in:Treffen an der Grenze (wie Anm. 13), S. 5 ff; Bayern und Böhmen
(wie Anm. 10), S. 153
20 Karl-Heinz Preisser (wie Anm. 18), S. 59ff. auch zum Folgenden.
21 Eckart Schremmer in: HBG III. 3 (wie Anm. 10), S. 179;Karl-Heinz Preisser, Wirtschaftliche
Entwicklung einer Region. Die Oberpfalz im 19. Jahrhundert,Weiden und Regensburg,
1999, S. 127 ff.
22 (wie Anm. 20), S. 67.
23 Peter Morsbach, Künstlerische Beziehungen zwischen Böhmen und der Oberpfalz im
17. und 18. Jahrhundert, in: Treffen an der Grenze (wie Anm. 13), S. 155 ff.; dort auch
Christian Riedl-Valder zu Adam Schöpf, S. 163; Bayern und Böhmen (wie Anm. 10),
S. 219 ff.
24 Anneliese Hilz in:Treffen an der Grenze (wie Anm. 13), S. 39ff.; Bayern und Böhmen
(wie Anm. 10), S. 175.
25 Peter Schmid in: HBG III.3 (wie Anm. 10), S. 303ff.
26 Wilhelm Volkert in: HBG III.3, S. 31 ff.; Heinrich Wanderwitz, Die Grafen von Sulzbach,
in: Eisenerz und Morgenglanz (wie Anm. 16), S. 19ff.
27 Klaus Jaitner in: Eisenerz und Morgenglanz, Bd. 1, S. 129 ff., Bd. 2, 635 ff.
28 Volker Press, Amberg — Historisches Portrait einer Hauptstadt,VHVO 127 (1987), S. 7—
34; Wilhelm Volkert, Amberg und die Kurfürsten von der Pfalz, in: Amberg 1034-1984,
1984, S. 61-74; Karl-Otto AMBRONN/Maria Rita Sagstetter (Hgg.), Das Fürstentum der
Oberen Pfalz, München 2004.
29 Karl Bosl, Oberpfalz und Oberpfälzer (wie Anm. 1), S. 232, 228; Matthias Schöberl,
Vom pfälzischen Teilstaat zum bayerischen Staatsteil (Diss.), Regensburg 2006.
30 Franz Xaver von Schönwerth, Aus der Oberpfalz - Sitten und Sagen, 1 .Teil, Augsburg
1857, Nachdruck 1977, S. 17; das mangelnde Selbstwertgefühl in der bäuerlichen Bevölkerung
wird schon in „Bavaria“ - Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern,
2. Bd., 1. Abt., Oberpfalz und Regensburg, München 1863, S. 178, beklagt.
31 Peter Schmid, in: Regensburg - Geschichte der Stadt, Band 1, Regensburg 2000, S. 51 ff.;
dort auch Margaret Wagner-Braun, S. 465 f.; Roland Schönfeld, Regensburg im Fernhandel
des Mittelalters, Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg
(VHVO) 113 (1973), S. 7 ff.; ders. Die Donau als Faktor der wirtschaftlichen
Entwicklung Regensburgs,VHVO 116 (1976), S. 181 ff.; Heinrich Wanderwitz, Regensburg,
ein früh- und hochmittelalterliches Handelszentrum, in: Edith Feistner (Hg.), Das
mittelalterliche Regensburg im Zentrum Europas, Regensburg, 2006, S. 43 ff.
32 Roland Schönfeld 1973 (wie Anm. 31), S. 38f, bes. Anm. 172.; Klaus Fischer, Regensburger
Hochfinanz. Die Krise einer europäischen Metropole an der Wende zur Neuzeit
(Regensburger Studien und Quellen zur Kulturgeschichte 14), Regensburg 2003, S. 197 ff.;
vorsichtig Margaret Wagner-Braun (wie Anm. 31), S. 472, 474 („gewisses Maß an Seidenverarbeitung
scheint nachweisbar zu sein“).
33 Roland Schönfeld 1976 (wie Anm. 31), S. 186ff.; Klaus Fischer (wie Anm. 32), zusammenfassend
S. 286 ff.
34 Rainer Gömmel, in: Regensburg - Geschichte der Stadt (wie Anm. 31), S. 483 f; Klaus
Fischer (wie Anm. 32), S. 95 ff.
35 Peter Schmid (wie Anm. 31), S. 76 ff.; ders. in: HBG III.3, S. 312 ff.
36 Zitiert nach Eberhard Dünninger, Regensburg. Das Bild der Stadt im Wandel der Jahrhunderte,
Regensburg 1995, S. 17,144.
37 s. die Beiträge in: Die Oberpfalz, ein europäisches Eisenzentrum, Schriftenreihe des Bergbau-
und Industriemuseums Ostbayern in Theuern, Bd. 12/1,1987; Dirk Götschmann,
Das mittelalterliche und frühneuzeitliche Eisengewerbe der Oberpfalz als Forschungsgegenstand
und -problem, VHVO 125 (1985), S. 335 ff.; ders. Oberpfälzer Eisen. Bergbau-
und Eisengewerbe im 16. und 17. Jahrhundert, Schriftenreihe des Bergbau- und Industriemuseums
Ostbayern in Theuern, Band 5, 1986;
38 Johannes Laschinger, Transkription der Großen Hammereinung, in: Die Oberpfalz (wie
Anm. 37), S. 133 ff. (Transkription der Einung); dort auch Wolfgang von Stromer, Die
Große Hammereinung vom 7. Januar 1387. Kartell und Innovationen als Antwort auf
eine Krise, S. 147 ff.
39 Dirk Götschmann, Wirtschaftliche Auswirkungen der Hammereinungen von 1341 bis
zum 30jährigen Krieg, in: Die Oberpfalz (wie Anm. 37), S. 215 ff., bes. 220, Anm. 66;
ders. 1985 (wie Anm. 37), S. 339 ff.; Eckart Schremmer, in: Handbuch III,3 (wie Anm.
10), S. 171.
40 Rudolf Fritsch, in: Das Fürstentum der Oberen Pfalz, Amberg 2004, S. 232; Dirk
Götschmann, Wirtschaftliche Auswirkungen (wie Anm. 39), S. 220.
41 Roland Fritsch (wie Anm. 40), S. 234; Roland Schönfeld 1976 (wie Anm. 31), S. 189;
Dirk Götschmann und Edith BENNER/Norbert Hirschmann in: Regensburg - eine
Drehscheibe des Eisenhandels vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, in: Donau-Schiffahrt,
Schriftenreihe des Arbeitskreises Schifffahrts-Museum Regensburg, Bd.4, 1986, S. 12ff.,
35 ff.
42 Klaus Fischer (wie Anm. 32), S. 95
43 Rudolf Endres, Nürnberger Einflüsse auf das oberpfälzische Montangebiet, in: Die Oberpfalz
(wie Anm. 37), S. 285 ff.
44 Dirk Götschmann 1985 (wie Anm. 37), S. 112ff, 225 ff. (zusammenfassend); Eckart
Schremmer, Die Wirtschaft Bayerns. Vom hohen Mittelalter bis zum Beginn der Industrialisierung.
Bergbau, Gewerbe, Handel, 1970, S. 326 ff.
45 Eckart Schremmer in: HBG III,3 (wie Anm. 10), S. 175; Dirk Götschmann 1987 (wie
Anm. 39), S. 216 ff.
46 Wilhelm Volkert in: HBG III,3, S. 114.; in Bärnau wurden diese Begegnungen in den
bayerisch-böhmischen Festspielen zweisprachig dargestellt.
47 Peter Schmid, Die Reformation in der Oberpfalz, in: Hans Jürgen Becker (Hg.): Der
Pfälzer Löwe in Bayern. Zur Geschichte der Oberpfalz in der kurpfälzischen Epoche,
Schriftenreihe der Universität Regensburg, Band 24,1997, S. 102-129; Volker Press, Das
evangelische Amberg zwischen Reformation und Gegenreformation, in: Amberg 1034—
1984, S. 119 —136; Wilhelm Volkert in: Geschichte der evangelischen Kirche in Bayern,
Bd.l, St. Ottilien, 2002, S. 313-323.
48 Hans Schwarz (Hg.), Reformation und Reichsstadt. Protestantisches Leben in Regensburg,
1994; Peter Schmid in: HBG III.3, S. 315
49 Wolfgang R. Hahn, Ratisbona Politica,VHVO 125 (1985), S. 7 ff, 57ff.
50 wie Anm. 49, S. 28 ff.
51 Volker Press (wie Anm. 47), S. 119-136; Wilhelm Weidinger, Heidelberg und Amberg
in der Zeit der Glaubenskämpfe, Festschrift Amberg (wie Anm. 2), S. 73-82; dort auch
Adolf Rank, S. 83-88.
52 Wilhelm Volkert in: HBG III.3, S. 130.
53 Guillaume van Gemert, Der Sulzbacher Hof unter Christian August — eine Heimstätte
freien Geistes, in: 350 Jahre Wittelsbacher Fürstentum Pfalz-Sulzbach, Sulzbach-Rosenberg,
2006, S. 117—131; Klaus Jaitner in: Eisenerz und Morgenglanz (wie Anm. 16),
S. 132ff.; Wilhelm Volkert in: Handbuch der evangelischen Kirche (wie Anm. 47);
S. 409 ff.
54 in HBG III.3, S. 191
55 Wilhelm Volkert in: HBG III.3, S. 138, 161 f.
56 Volker Wappmann, Sulzbach als Druck- und Verlagsort, Eisenerz und Morgenglanz (wie
Anm. 16), Bd. 2, S. 659-670.
57 Bernhard Gajek in:Johann Esaias von Seidel (1758-1827), Markus Lommer (Hg.), Sulzbach-
Rosenberg, 2008, S. 137 ff.; Karl Bosl, Oberpfalz und Oberpfälzer (wie Anm. 1),
S. 244.
58 Bernhard Gajek, S. 143; Paul Mai in: Lebensbilder aus der Geschichte des Bistums Regensburg,
2.Teil, Regensburg, 1989, S. 751 ff., 758; dort auch Georg Schwaiger, S. 510f.;
Karl HAUSBERGER/Benno Hubensteiner, Bayerische Kirchengeschichte, München 1985,
S. 324.
59 Dazu und zum Folgenden bes. Universität Regensburg (Hg.), Gelehrtes Regensburg -
Stadt der Wissenschaft, Regensburg 1995; dort zu St. Emmeram bes. Christoph Meinel,
S. 11, Karl Hausberger, S. 20 f., zur Sphaera (früher als Astrolabium bezeichnet) S. 41 f;
Reiner Braun,Wilhelm von Hirsau, in: Lebensbilder (wie Anm. 58), l.Teil, 1989, S. 132f.
60 Christoph Meinet (wie Anm. 59), S. 12.
61 Karl Hausberger (wie Anm. 59), S. 22 f.; Camilla Weber in: Lebensbilder (wie Anm. 58),
S. 206 ff.
62 Karl Hausberger, S. 23 f., Eberhard DÜNNINGER/Irmhild Schäfer, S. 80f. in: Gelehrtes
Regensburg (wie Anm. 59)
63 Eberhard Dünninger in: Gelehrtes Regensburg, S. 23 ff.; ders. Johannes Aventinus, Rosenheim
1977; Alois Schmid, Die historische Methode des Johannes Aventinus, in: Blätter
für deutsche Landesgeschichte 113 (1977), S. 338-395; Ders. in: Lebensbilder (wie
Anm. 58), S. 226 ff.
64 Ludwig Hammermayer in: Lebensbilder (wie Anm. 58), S. 413 ff.
65 Eberhard DÜNNINGER/Irmhild Schäfer (wie Anm. 62), S. 51 ff.; Beiträge von Johannes
Greife, Martin Dallmeier und Stefan Miedaner in: Lebensbilder (wie Anm. 58), S. 377ff.,
385 ff., 392ff. und 549 ff.
66 zitiert nach Karl Bose (wie Anm. 1), S. 233; Alois Schmid in: HBG III.3, S. 184 ff, auch
zum Folgenden.
67 Wilhelm Gegenfurtner in: Lebensbilder (wie Anm. 58), S. 372—376.
68 vgl. Karl Bose (wie Anm. 1), S. 239 f, 242.
69 Guillaume van Gemert (wie Anm. 53), S. 119-131; Klaus Jaitner, Der Sulzbacher Musenhof
in der europäischen Ideengeschichte, in: Eisenerz und Morgenglanz (wie Anm.
16), S. 635-657.
70 Eckart Schremmer in: HBG III.3,S. 168,174ff.;Dirk Götschmann 1985 (wie Anm. 37),
S. 343ff; Hubert Freilinger in: Festschrift Gustl Lang (wie Anm. 7), S. 331.
71 Hubert Freilinger, S. 331; Rudolf Endres, S. 343ff, 352, beide in Festschrift Gustl Lang
(wie Anm. 7).
72 Bavaria (wie Anm. 30), S. 136.
73 Bavaria, S. 178.
74 Bavaria, S. 341, 345.
75 Eckart Schremmer in: HBG III.3, S. 178.
76 Georg Queri, Der Kapuziner, Neudruck, Rosenheim, 2004, S. 205.
77 Bavaria, S. 329
78 wie Anm. 30, S. 18
79 Bavaria, S. 333.
80 Friedrich Hartmannsgruber, Zur Statistik der Auswanderung aus der Oberpfalz und aus
Regensburg im 19. Jahrhundert,VHVO 122 (1982), S. 337—369,348.
81 Bavaria (wie Anm. 30), S. 141 (erfasst ist die Wanderung nach und aus Bayern, nicht die
Binnenwanderung innerhalb Bayerns).
82 Friedrich Hartmannsgruber (wie Anm. 80), S. 349.
83 Dazu bes. Karl-Heinz Preisser,Wirtschaftliche Entwicklung einer Region (wie Anm. 21).
84 Günther Schiller, „im Land der Wölfe und der Wilden“ - Ein Beitrag zur Industriegeschichte
der Oberpfalz, Die Oberpfalz 63, (1975), S. 353 ff.
85 Industrie und Kultur - Glückauf der Oberpfalz, Festschrift zum 34. Bayerischen Nordgautag
in Maxhütte-Haidhof 2002; zum Stand des Bergbaus und der Stahlproduktion um
1860: Bavaria (wie Anm. 30), S. 361 ff.
86 Manfred Pix, Wirtschaftlicher Auf- und Abschwung, in: Festschrift für Gustl Lang (wie
Anm. 7),S. 422ff; Eckart Schremmer in: HBG III.3, S. 179; ders. (wie Anm. 44), S. 340f;
Robert R. Kuhnle, Die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts. EinTiefpunkt Oberpfälzer Wirtschaft,
Oberpfälzer Heimat 14 (1970), S. 33 ff.
87 Bavaria (wie Anm. 30), S. 366.
88 Eckart Schremmer in: HBG III.3, S. 179; Karl-Heinz Preisser (wie Anm. 21), S. 309 ff;
Manfred Pix (wie Anm. 86), S. 423; zum Stand um 1860 Bavaria, S. 365.
89 Zur Gesamtbewertung: Karl-Heinz Preisser (wie Anm. 21), S. 379 ff.
90 Rainer Gömmel in: Regensburg (wie Anm. 31), S. 490.
91 Zirngibls Vision von Regensburg als der „ersten Bettelstadt Deutschlands“ ist bekannt,
s. Andreas Kraus, Briefe P. Roman Zirngibls an Lorenz von Westenrieder, l.Teil, VHVO
193 (1963), Nr. 68, S. 132; Peter Schmid in: Regensburg (wie Anm. 31), S. 141.
92 Rainer Gömmel (wie Anm. 90), S. 497
93 Der Bierkonsum in Regensburg wurde 1780 von einem Arzt als „unglaublich“ bezeichnet,
Rainer Gömmel (wie Anm. 90), S. 490.
94 Bavaria (wie Anm. 30), S. 364
95 Rainer Gömmel (wie Anm. 90), S. 494.
96 Erich Zweck, Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei in Regensburg von
1922—1933, VHVO 124 (1984), S. 149-260, 154; Hans Joachim Graf, Eine Analyse der
Regensburger Reichstagswahlergebnisse von 1912-1932,VHVO 135 (1995), S. 199-233,
212; Walter Ziegler in: HBG IVI, S. 505.
97 Erich Zweck, S. 195.
98 Helmut Halter in: Regensburg (wie Anm. 31), S. 420.
99 Hans Joachim Graf (wie Anm. 96), S. 216; Andreas Kraus, Geschichte Bayerns, 32004, S. 721.
100 Walter Ziegler (wie Anm. 96), S. 517; Hans Joachim Graf, S. 247 (wie Anm. 96); Andreas
Kraus (wie Anm. 99), S. 725.
101 Ludwig Volk, Der bayerische Episkopat und der Nationalsozialismus 1930-1934, Mainz
1965, S. 51 ff.
102 Hans Joachim Graf, S. 220; Walter Ziegler, S. 517 (beide wie Anm. 96)
103 Erich Zweck (wie Anm. 96), S. 153.
104 Dieter Albrecht, Regensburg im Jahre 1933,VHVO 124 (1984), S. 463-474, 472.
105 Andreas Kraus (wie Anm. 99), S. 725.
106 Toni Siegert, Licht und Schatten über unserem Land - Die Oberpfalz in der Zeit des
Nationalsozialismus, in: Festschrift für Gustl Lang (wie Anm. 7), S. 459.
107 Toni Siegert, S. 454; Hans Joachim Graf (wie Anm. 96), S. 229.
108 Erich Zweck (wie Anm. 96), S. 255; Dieter Albrecht (wie Anm. 104), S. 468 ff.
109 Erich Zweck, S. 201 f.
110 Erich Zweck, S. 247.
111 Werner Chrobak in: Lebensbilder (wie Anm. 58), S. 985 f.
112 Toni Siegert (wie Anm. 106), S. 459.
113 Aus Curriculum Vitae; zitiert bei Gerhard Reindl in: Regensburg (wie Anm. 31), S. 412.
114 Alfons Frey, Die industrielle Entwicklung Bayerns von 1925-1975, Berlin 2003 (Diss.
Eichstätt-Ingolstadt), S. 242
115 ebda S. 17
116 Statistisches Jahrbuch des Freistaats Bayern (StatJB) 1975, S. 388.
117 StatJB 2009, S. 449 ff.
118 vom BayStMWVT bekanntgegebene Werte April 2010
119 Josef Mühlbauer, Das Süd-Nord-Gefälle in der Oberpfalz. Eine empirische Studie, Diss.
Regensburg, 1991, S. 76. Von 1961-87 hat die Region Nördliche Oberpfalz um 4913,
die Region Regensburg um 66353 Einwohner zugenommen; bis 2028 soll nach der
Bevölkerungsvorausberechnung die Bevölkerung Bayerns um 0.9%, die der Region
Regensburg um 1.1% zunehmen; dagegen wird für die Region Oberpfalz Nord eine
Abnahme von 7.8% prognostiziert (StatJB 2009, S. 29f).
120 Angaben BayStMWVT; StJB 2009, S. 449, 481, 547, 568.
121 Überblick und weit. Nachweise bei Alfons Frey (wie Anm. 114), S. 18 ff; Claus Grimm
(Hg.), Aufbruch ins Industriezeitalter, Bd. 1, München 1985, darin bes. Karl Bosl, Die
„geminderte Industrialisierung“ in Bayern, S. 22—39; Walter L. Bühl, Sonderentwicklung
der bayerischen Industrialisierung im Blick auf die postindustrielle Gesellschaft, S. 203—
227.
122 Alfons Frey (wie Anm. 114)
123 wie Anm. 30, S. 18; zu Physikatsberichten aus der Oberpfalz Martin Dallmeier, in: Festschrift
zum 38. Nordgautag 2009 in Amberg, S. 119-127 m. weit. Nachweisen; ders. in:
VHVO 148 (2008), S. 153-185 (Vohenstrauss).
124 s. Karl Bosl (wie Anm. 1), S. 233; Bavaria (wie Anm. 30), S. 364.
125 Franz Xaver von Schönwerth, Sitten und Sagen (wie Anm. 30), S. 17.
126 ebda., S. 19.
127 StatJB 2009, S. 427: Ohne Abschluss: unter 7%, mit Hochschulreife: über 10%; erfasst sind
alle Formen der Hochschulreife.
128 an allen 21 Oberpfälzer Realschulen im Grenzbereich wird inzwischen Tschechisch angeboten.
Im Schuljahr 2009/10 nahmen etwa 1200 Schüler aller Schularten am Tschechisch-
Unterricht teil (Angaben Regionalmarketing Oberpfalz).
129 F. X. von Schönwerth (wie Anm. 30), S. 19.
130 F. X. von Schönwerth, S. 22
131 Karl Bosl (wie Anm. 1), S. 228.
132 Karl Bosl (wie Anm. 1), S. 196, 228, 233; Bosls Feststellung zum neuen Selbstbewusstsein
der Oberpfälzer, „das nun auch München spürt“, wurde 1978, „vor Wackersdorf“,
geschrieben.
133 Von 45 regionalen Aktionsgruppen, die in Bayern nach dem Programm LEADER + gefördert
wurden, waren in der abgelaufenen Förderperiode 8 aus der Oberpfalz, (www.aelf-sd.bayern.de)
134 F. X. von Schönwerth (wie Anm. 30), S. 22.
135 Zugang im Internet über www.oberpfalz.de
136 Information über www.regierung.oberpfalz.bayern.de