Naturschutzprojekte
Die Palette an Naturschutzprojekten in der Oberpfalz ist vielfältig. Sie reicht von großen EU- oder Bund geförderten Projekten bis hin zu lokalen Einzel-Artenschutzprogrammen. Doch eines ist bei allen gleich: der Schutz der Arten und Lebensräume funktioniert nur durch die Bereitschaft vieler an den Maßnahmen mitzuwirken – und das ausschließlich auf freiwilliger Basis.
LIFE für die Natur
Seit 1992 gibt es das LIFE-Programm der Europäischen Union. Damit soll vor allem die Umsetzung der Vogelschutz- und Habitatrichtlinie gefördert und so das Europäische Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ unterstützt werden. In der Oberpfalz wurden bislang drei LIFE-Projekte durchgeführt.
- Maßnahmen zur Bestandsförderung der Großen Rohrdommel in fischereiwirtschaftlich genutzten Teichgebieten Bayerns (abgeschlossen)
- Prackendorfer und Kulzer Moos (abgeschlossen)
- Große Hufeisennase in der Oberpfalz (abgeschlossen)
Darüber hinaus gibt es seit 2017 ein bayernweites Kommunikationsprojekt „LIFE living Natura 2000“ für das Natura 2000 Netzwerk in Bayern. Unter der Federführung der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) und in enger Zusammenarbeit mit den Höheren Naturschutzbehörden zielt das Projekt darauf ab, die Bedeutung und Relevanz dieses einzigartigen Schutzgebietsnetzwerks für die Gesellschaft und die Natur aufzuzeigen.
- LIFE living Natura 2000 (Laufzeit 2016-2021)
Naturschutzgroßprojekte des Bundes
Ziele des seit 1979 bestehenden Förderprogramms „chance.natur - Bundesförderung Naturschutz“ sind der Schutz und die langfristige Sicherung national bedeutsamer und repräsentativer Naturräume mit gesamtstaatlicher Bedeutung. Deutschland leistet damit einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des nationalen Naturerbes und zur Erfüllung internationaler Naturschutzverpflichtungen. Über „chance.natur“ können nur Gebiete gefördert werden, die im nationalen und internationalen Interesse für den Naturschutz außerordentlich wertvoll und für den betreffenden Lebensraumtyp in Deutschland besonders charakteristisch und repräsentativ sind. Das Förderprogramm soll zum dauerhaften Erhalt von Naturlandschaften sowie zur Sicherung und Entwicklung von Kulturlandschaften mit herausragenden Lebensräumen beitragen. In der Oberpfalz wurden bislang zwei Naturschutzgroßprojekte durchgeführt. Lesen Sie hierzu mehr:
- Waldnaabaue - Sicherung und Optimierung der extensiv genutzten Kulturlandschaft der "Tirschenreuther Teichpfanne"
- Regentalaue - Weitgehend grünlandgenutzte Auenlandschaft mit ausgeprägten Flussschlingen, einschließlich mehrerer Teichgebiete, Altwässer und Röhrichte
BayernNetzNatur- & Biodiversitätsprojekte
„BayernNetzNatur“ steht für Projekte und Initiativen zum Aufbau eines bayernweiten Biotopverbundsystems. Oberstes Prinzip bei BayernNetzNatur ist die Freiwilligkeit aller Maßnahmen und der kooperative Ansatz. Die Finanzierung von BayernNetzNatur-Projekten erfolgt über verschiedene Fördergelder aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln.
Zwei der größten BayernNetzNatur-Projekte des Regierungsbezirks Oberpfalz gelten bayernweit als best-practice Beispiele und zeigen besonders beispielhaft, wie die Bayerische Biodiversitätsstrategie erfolgreich umgesetzt werden kann. Nicht zuletzt sorgen sie durch ihre Regionalvermarktungskonzepte dafür, dass sich Naturschutz auch für Landwirte lohnt und sind so Modell für viele andere erfolgreiche Projekte. Es gilt: zur Nachahmung empfohlen!
Juradistl – Biologische Vielfalt im Oberpfälzer Jura
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Landkreisübergreifend präsentiert sich das Projekt Juradistl in den Landkreisen Amberg-Sulzbach, Neumarkt i.d.OPf., Regensburg und Schwandorf. Bereits 2002 gab es erste Bemühungen der Landschaftspflegeverbände der Landkreise und des Verbandes für Landschaftspflege damals noch unter dem Namen nepomuk. Seit 2004 wird unter neuem Namen die biologische Vielfalt im Oberpfälzer Jura gesichert und die Maßnahmen erfolgreich weitergeführt und -entwickelt. Die standortgerechte und nachhaltigen Bewirtschaftungsformen für die kargen Wacholderheiden des Oberpfälzer Juras sind dabei oberstes Ziel des Projektes. So wird mit Beweidung durch Schafe und Rinder die regionaltypische Landschaft und alte Nutztierrassen erhalten sowie ein großflächiger Biotopverbund geschaffen. Der naturschutzgerechten Regionalvermarktung wird mit der Naturschutzmarke Juradistl Rechnung getragen. Besuchern und Einheimischen wird mit Wander- und Radrouten entlang von Naab, Vils, Lauterach, Schwarzer Laber und Forellenbach sowie Erlebnisstationen und Veranstaltung das Naturerlebnis Juradistl nähergebracht.
Weitere Infos: http://www.naturvielfalt.bayern.de/projekte/juradistel.htm
Bayerische Modellgemeinde Tännesberg
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Unter dem Motto Natur.Vielfalt.Tännesberg hat sich eine ganze Gemeinde dem Ziel des Schutzes der Biodiversität von Arten, Kultursorten und Lebensräumen verschrieben. Damit ist sie die erste Biodiversitätsgemeinde Deutschlands. 2009 startet das Projekt mit der gemeinsamen Umsetzung durch den Naturparkverein, Naturschutzverbände, Land- und Forstwirtschaft, Bayerischen Staatsforsten, der Wasserwirtschaft und engagierten Bürgern. Die nachhaltige Entwicklung der Gemeinde ist hierbei von ebenso hoher Bedeutung wie der Erhalt von wertvollen Lebensräumen. So werden etwa im Kainzbachtal Moor- und Streuwiesen wiederhergestellt oder durch extensive Nutzung neue Lebensräume zum Beispiel für das seltene Rebhuhn geschaffen. Der Erhalt alter Nutztierrassen und Kultursorten wird durch die Haltung und Zucht der Rasse „Rotes Höhenvieh“ sowie durch Anbau von Getreidesorten wie Emmer, Einkorn und Dinkel erreicht. Regionale Vermarktung und vielfältige Veranstaltungen zu Umweltbildung und Erholung runden das Projekt ab und sollen die Ziele auch nach außen vermitteln.
Artenhilfsprojekte für Tiere und Pflanzen
Artenhilfsprojekte (AHP) sind spezielle Konzepte für einzelne, besonders schutz- und pflegebedürftige Arten. In der Oberpfalz gibt es sie für über 100 Pflanzen- und Tierarten. Darunter auch Arten für die die Oberpfalz eine ganz besondere Verantwortung hat, da ihre letzten Vorkommen oder ihr Verbreitungsschwerpunkt im Regierungsbezirk zu finden sind.
Fisch- und Seeadlerbetreuung Oberpfalz
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Fisch- und Seeadler galten in Bayern schon lange als ausgestorben. Vor allem in der Oberpfalz leben seit einigen Jahren wieder Brutpaare dieser stolzen Greifvögel. Sie sind fast die einzigen ihrer Art in ganz Süddeutschland und damit wahre Juwelen unserer heimischen Natur. 2001 wurde erstmals wieder ein Seeadler-Brutpaar in Grafenwöhr entdeckt. Aktuell sind die Zahlen im Regierungsbezirk auf ca. 15 bekannte Revierpaare angestiegen, davon sind 10 genaue Horststandorte bekannt. Auch Fischadler waren in Bayern aufgrund von Verfolgung durch den Menschen ausgestorben. Mittlerweile sind wieder ca. 25 Revierpaare in der Oberpfalz bekannt. Da in den Altersklassenwäldern ein Mangel an geeigneten alten Horstbäumen herrscht, ist die wichtigste Artenhilfsmaßnahme der Bau von Nisthilfen im Umfeld der Nahrungsgewässer.
Wiesenbrüterschutz an Donau und Regen
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Wiesenbrüter gehören zu den wohl am stärksten gefährdeten Vogelarten bei uns in Bayern. Bereits seit den 80iger Jahren nimmt die Zahl der Wiesenbrüter beständig ab. Mit viel Engagement versuchen Naturschützer die Bestände von Großem Brachvogel, Kiebitz, Wachtelkönig und Co. zu retten. Behörden, Naturschutzvereine, Gebietsbetreuer, Landwirte und jede Menge ehrenamtliche Helferinnen und Helfer arbeiten jedes Jahr eng zusammen, damit die Vögel möglichst ohne Gefahr brüten und ihre Jungen aufziehen können. Dabei setzt man mittlerweile sogar auf Drohnen mit Wärmebildkameras und Zäune. Denn der Lebensraum der Wiesenbrüter, die feuchten, wenig bewirtschafteten Wiesen in den Flusstälern, sind auch bei Menschen sehr begehrt. In den letzten 30 Jahren wurden die ausgedehnten Feuchtwiesen in großem Stile trockengelegt, intensiviert, zu Äckern umgewandelt, versiegelt oder durch Siedlungen und Straßen zerschnitten.
In der Oberpfalz gilt vor allem das Regental zwischen Cham und Pösing bayernweit als Vorzeigeprojekt für erfolgreichen Wiesenbrüterschutz. Hier findet man noch das gesamte Spektrum an Wiesenbrüter-Arten. Neben Großem Brachvogel, Kiebitz, Bekassine, Wiesenpieper und Braunkehlchen brüten hier auch Rotschenkel und Uferschnepfe. Dies ist vor allem dem besonderen Engagement der ehrenamtlich arbeitenden Gebietsbetreuer zu verdanken: ihre individuelle Betreuung der Landwirte und die Begleitung bei der Bewirtschaftung belegter Feldstücke erhöhen die Chance für erfolgreichen Nachwuchs. Auch das infolge des Volksbegehrens neu geregelte Naturschutzgesetz soll wiesenbrütenden Vogelarten zu Gute kommen. Spätere Zeitpunkte für die Mahd sollen helfen, dass mehr Küken flügge werden.
AHP Flora
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Das Artenhilfsprogramm Flora ist eines der ältesten Artenhilfsprogramme der Regierung der Oberpfalz. Seit über 20 Jahren arbeiten Pflanzenspezialisten, Landschaftspflegeverbände, Landwirte und die Naturschutzbehörden daran, besonders seltene und gefährdete Pflanzenarten in ihrem Bestand zu erhalten. Im Fokus stehen Farn- und Blütenpflanzen der Bayerischen Roten Liste (RL) für deren Erhalt Bayern bzw. die Oberpfalz eine hohe Verantwortung hat. Besonderes Augenmerk gilt dabei insbesondere den sogenannten Endemiten, das sind Pflanzenarten, deren Areal weltweit auf Bayern oder sogar nur auf die Oberpfalz beschränkt ist. Das sind z.B. spezielle Habichtskräuter oder Mehlbeeren. Ihre Namen weisen oft Bezüge zu ihrer Herkunft auf, wie etwa die Regensburger Mehlbeere (Sorbus ratisbonensis).
Grundlage des AHP Flora ist eine genaue, zum Teil jährlich stattfindende, Kontrolle der noch vorhandenen Wuchsorte. Darauf aufbauend werden Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der jeweiligen Art und ihres Lebensraums erarbeitet und durchgeführt. Für besonders gefährdete Arten mit nur mehr wenigen Exemplaren werden spezielle Erhaltungskulturen angelegt und Wiederansiedlungsversuche unternommen. Ein hoher Aufwand um die Besonderheiten unserer bayerischen zu erhalten.
Muschelschutz im Steinwald
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So unscheinbar Flussperlmuscheln wirken, so komplex ist ihr Leben. Ein Blick in die Kinderstube der Muscheln eröffnet ungeahnte Welten und lässt uns Staunen. Mehr als 60 Millionen Jahre hat die Flussperlmuschel in unseren Bächen überlebt. Nun ist sie in ganz Mitteleuropa akut vom Aussterben bedroht. Der Naturpark Steinwald beherbergt eines ihrer letzten Vorkommen in der Oberpfalz. Dort kümmert man sich intensiv um den Erhalt dieser anspruchsvollen Süßwassermuschel. Nur in absolut klaren und unverbauten Bächen können wir diesen Naturerbe-Schatz bewahren.
AHP Gewöhnliche Gebirgsschrecke
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Die Gewöhnliche Gebirgsschrecke (Podisma pedestris) gehört zu den hochgradig vom Aussterben bedrohten Arten in Deutschland. Gerade die Oberpfalz trägt für die außeralpinen Vorkommen als isolierte Vorposten besondere Verantwortung. Die Bestandszahlen der letzten Vorkommen in der Oberpfalz sind allerdings seit Jahren rückläufig und einige Vorkommen gelten bereits als verschollen. Letzte Hinweise der Art gibt es in den Landkreisen Amberg-Sulzbach, Neumarkt, Tirschenreuth und Neustadt a.d. Waldnaab. Um die Bestandssituation der Gewöhnlichen Gebirgsschrecke (Podisma pedestris) zu verbessern, werden seit 2013 spezifische Pflegemaßnahmen zur Optimierung der Lebensräume durchgeführt.
Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters
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Die Bestandssituation des Goldenen Scheckenfalters ist bayernweit seit Jahrzehnten geprägt von zunehmendem Populationsschwund. Neben den Hauptvorkommen im voralpinen Hügel- und Moorland existieren mittlerweile nur noch sehr wenige, isolierte Vorkommen in Nordbayern. In der Oberpfalz waren die letzten Vorkommen im Landkreis Tirschenreuth und Neustadt a.d. Waldnaab verwaist. Ein Wiederansiedelungsprojekt dieser europarechtlich geschützten Art gibt neue Hoffnung.
Citizen-Science-Projekt: Nashornkäfer in der Oberpfalz
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Trotz seiner auffälligen Erscheinung hat wohl kaum jemand einen Nashornkäfer bei uns je zu Gesicht bekommen. Oder etwa doch? Ein Mitmach-Projekt für alle soll klären, wo Naturfreunde in der Oberpfalz der Nashornkäfer lebt.
AHP Kreuzenzianameisenbläuling
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Der Kreuzenzian-Ameisenbläuling gehört zu den seltensten und anspruchvollsten Tagfaltern in Bayern. Seine spezielle Lebensweise, bei der er auf das enge Zusammenspiel mit einer Pflanze und einer Ameise angewiesen ist, macht sein Überleben vielerorts schwierig. Um ihn zu erhalten, muss dieses Gefüge stimmen. Mit detaillierten Untersuchungen werden Engpässe im Lebenszyklus der Bläulingspopulationen aufgedeckt und nach neuen Lösungen gesucht, um diesen außergewöhnlichen Schmetterling im Oberpfälzer Jura zu erhalten.